Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 266 |
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01 | es dringt aber die Luft wieder hinein, und so fängt das Feuer | ||||||
02 | aufs Neue an rege zu werden. | ||||||
03 | Die feuerspeienden Berge stehen niemals ganz allein, sondern sind | ||||||
04 | meistens mit mehreren andern verbunden. Auch trifft man sie sowohl in | ||||||
05 | dem heißen als in dem kalten Erdgürtel an, wiewohl hier nicht so häufig | ||||||
06 | als dort. | ||||||
07 | Da man auf einigen Bergen große Höhlen und in denselben mitunter | ||||||
08 | noch Rauch antrifft: so müssen diese Berge vormals Feuer ausgeworfen | ||||||
09 | haben, in spätern Zeiten aber ausgebrannt sein, wie denn auch | ||||||
10 | ganze Inseln ausgebrannt sind. Auf den Gebirgen bei Köln und am | ||||||
11 | Rhein überhaupt nimmt man Spuren von Kratern wahr. In mehreren | ||||||
12 | dieser Krater sind Wasservertiefungen, statt deren hier ehemals Feuer | ||||||
13 | ausgeworfen wurde und noch künftig kann ausgeworfen werden. Auch in | ||||||
14 | Hessen giebt es viele Krater, und man verkauft dort wie am Rhein den | ||||||
15 | Traßstein in Menge, mit dem man unter dem Wasser mauern kann. Dieser | ||||||
16 | Stein ist aber nichts anders als der Tuff der Italiener. | ||||||
17 | Ehe es zu einem Ausbruche kommt, pflegt alles in den Bergen gleichsam | ||||||
18 | zu kochen. Der Rauch der Vulkane soll elektrisch sein, indem er eben | ||||||
19 | solche Blitze erzeugt wie die Gewitterwolken. Den Auswurf begleitet gar | ||||||
20 | oft ein Platzregen. | ||||||
21 | Die Lava, die aus dem Ätna hervorfließt, beträgt an Masse wohl | ||||||
22 | so viel als vier Berge, die dem Vesuv gleichen. In der Nacht glüht sie | ||||||
23 | wie Feuer, und wenn sie abkühlt, erlangt sie eine Steinhärte, daher man | ||||||
24 | aus ihr Kirchen bauen kann. Allein wenn eine neue Lava auf eine solche | ||||||
25 | Kirche trifft, so schmilzt diese weg. Oft wendet sich der Strom der Lava | ||||||
26 | durch ein ihm entgegengesetztes Hinderniß, besonders wenn man ihm den | ||||||
27 | Weg bahnt. Nicht leicht setzt sich die Erde auf der Lava fest, obgleich | ||||||
28 | die Gegend unter den Bergen, wo sich die Asche befindet, sehr fruchtbar | ||||||
29 | und mit Bäumen bewachsen ist, deren Durchschnitt auf 80 Zoll | ||||||
30 | beträgt. | ||||||
31 | Wie ist aber die Erde auf die ältere Lava gekommen? Die Erde hat | ||||||
32 | sich nach und nach generirt, denn auf dem glattesten Steine geschieht dies. | ||||||
33 | Die Luft trägt zuerst Staub hinauf, und da setzen sich dann der ähnlichen | ||||||
34 | Theile immer mehrere an, bis endlich eine wirkliche Erdschicht daraus | ||||||
35 | wird, welches aber sehr lange dauern muß. Brydone sah eine noch mit | ||||||
36 | keiner Erde bedeckte Lava und schloß daraus, daß sie noch jung sein müsse, | ||||||
37 | ob sie gleich seit dem punischen Kriege geflossen war. | ||||||
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