Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 253 |
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01 | der untern Gegend mit leichtem Schnee bedecken, und rollende Lawinen | ||||||
02 | im Stück, welche Häuser, Bäume, kurz Alles, was ihnen im Wege steht, | ||||||
03 | vergraben und umstürzen. Wenn ein Schneepartikelchen sich an das andere | ||||||
04 | anhängt und in Bewegung gebracht wird: so vereinigen sich mehrere | ||||||
05 | mit ihm, welche dann endlich, bevor sie auf die Erde herabkommen, zu | ||||||
06 | einem beträchtlichen Haufen anwachsen. | ||||||
07 | Die Lawinen der erstern Art sind deshalb übel, weil man ihnen so | ||||||
08 | leicht nicht entgehen kann. Den letztern aber ist man zuweilen noch im | ||||||
09 | Stande, wenn man sie zeitig genug wahrnimmt, zu entkommen, zu welchem | ||||||
10 | Endzwecke man auch in der Schweiz verschiedene Anstalten getroffen, | ||||||
11 | z. E. spitzige und nach einer Seite zu gebogene Bäume gepflanzt hat. | ||||||
12 | In ein Thal, welches selbst hoch liegt, in dem es folglich auch stark | ||||||
13 | friert, ergießt sich zuweilen von dergleichen hohen Bergen das Wasser. Es | ||||||
14 | gefriert aber bereits, indem es herabfließt. Hieraus entstehen die Eistafeln | ||||||
15 | oder Eismäntel. Unter ihnen befindet sich ein beständiges | ||||||
16 | Wasser, aus dem oft die größten Flüsse, z. E. namentlich der Rhein, ihr | ||||||
17 | Entstehen erhalten. Dergleichen Eismäntel haben öfters eine Dicke von | ||||||
18 | zwanzig Fuß, und innerhalb ihrer befinden sich große Höhlen, in denen | ||||||
19 | es ungemein finster ist. | ||||||
20 | Das Eis überhaupt aber, welches in den gebirgichten Gegenden der | ||||||
21 | Schweiz angetroffen wird, heißt das Gletschereis. Diese Gletscher haben | ||||||
22 | oft sonderbare Figuren und Gestalten, so daß sie zuweilen das Ansehen | ||||||
23 | gewähren, als wären die Wellen des Meeres im Zustande der Unruhe | ||||||
24 | mit einmal und plötzlich gefroren. | ||||||
25 | Endlich sind noch die schrecklichen Eisberge in der Gestalt eines Kuchens | ||||||
26 | zu merken, die aus dem Abflusse des Wassers von den großen und | ||||||
27 | ungeheuren Bergen in die zwischen diesen liegenden Thäler entstehen. | ||||||
28 | Die Wärme wird sowohl auf chemische Weise erregt, wenn man nämlich | ||||||
29 | eine Materie zu der andern hinzuthut, als auch mechanisch, wenn zwei | ||||||
30 | Körper an einander gerieben werden. In eben der Art kann man auch | ||||||
31 | vermittelst eines chemischen Verfahrens Kälte hervorbringen, und zwar | ||||||
32 | in einem Grade, wie sie die Natur nur in den nördlichsten Gegenden und | ||||||
33 | auch da noch immer selten genug erzeugt, d. h. man hat das Quecksilber | ||||||
34 | in der Art zum Gefrieren gebracht, daß es sich hämmern läßt. | ||||||
35 | Das Aachener Gesundbrunnenwasser, welches sehr heiß ist, muß eben | ||||||
36 | so lange, wenn es gekocht werden soll, über dem Feuer stehen, als wenn | ||||||
37 | es kalt wäre, und wenn es wieder in der Luft abgekühlt werden soll, so | ||||||
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