Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 199

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ordentlicher Weise sehr salzig sei, wo sich nicht etwa beträchtliche Ströme,      
  02 die süßes Wasser bei sich führen, in dasselbe ergießen, wie z. E. der la      
  03 Plata=Strom, der an seiner Mündung eine Breite von 30 Meilen hat.      
           
  04 Die Grade in der Verschiedenheit des Salzwassers beruhen also auf      
  05 dem Zuflusse des süßen Wassers. Wenn ein Meer weniger ausdünstet,      
  06 als es Zufluß von süßem Wasser hat: so ist es weniger salzig. Der Zuflu      
  07 in Betreff der Ostsee ist größer als ihre Ausdünstung, folglich ist die      
  08 Ostsee auch weniger salzig. Das Mittelländische Meer hat einen sehr beträchtlichen      
  09 Antheil von Salz. Bei dem Kaspischen Meere ist die Ausdünstung      
  10 größer als der Zufluß vom süßen Wasser, folglich ist dieses Meer      
  11 von stärkerm salzigen Geschmacke. Die Ausdünstung des Todten Meeres      
  12 ist so stark, daß es im Sommer einige Meilen weit austrocknet, so da      
  13 man in dasselbe in merklicher Weite hineingehen kann, und deswegen ist      
  14 es auch sehr salzig. Wir bemerken auch, daß ordentlicher Weise da, wo      
  15 die Temperatur sehr warm oder sehr kalt ist, das Wasser am salzigsten      
  16 sein müsse.      
           
  17 Die Ursache, warum das Meerwasser in den heißesten Gegenden am      
  18 salzigsten ist, besteht in der überaus starken Ausdünstung, durch die das      
  19 Wasser verflüchtigt wird, das Salz aber zurückbleibt. In den kältesten      
  20 Gegenden aber rührt dieses daher, weil das hereinfließende Flußwasser zu      
  21 großen Eisschollen, die gleich großen Ländern herumschwimmen, gefriert.      
           
  22 Anmerkung. Die Angaben über den Salzgehalt des Meerwassers weichen      
  23 sehr von einander ab. Im Mittelländischen Meere will man den Salzgehalt      
  24 wie ein Loth, in andern Meeren wie 2, 3, 4 Loth und darüber auf das Pfund      
  25 gefunden haben. Einige haben das Gesetz angenommen, die Salzigkeit des Meerwassers      
  26 sei unter dem Äquator am stärksten und geringer gegen die Pole hin.      
  27 Aber jene Salzigkeit ist sich nicht einmal an ein und eben derselben Stelle immer      
  28 gleich. Pages darüber angestellte Bemerkungen sind verzeichnet in Fabris      
  29 Geistik. S. 393. Auch ist das Wasser in der Tiefe meistens salziger als auf      
  30 der Oberfläche, wie in der Meerenge von Constantinopel, wo sich jenes zu diesem      
  31 wie 72 zu 62 verhalten soll. Vergleiche auch Ottos System einer allgemeinen      
  32 Hydrographie. Berlin 1800 gr. 8. Seite 383 u. f.      
           
  33
§. 22.
     
           
  34 Eine solche Salzigkeit giebt es sowohl im Oceane als in den mittelländischen      
  35 Meeren, unter denen der See in Rußland bei der Wolga nach      
  36 Archangelsk zu und bei der neu errichteten Colonie Saratow zu merken      
           
     

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