Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 190 |
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01 | B. Die Straße le Maire , zwischen del Fuego und der Staaten=Insel. | ||||||
02 | Einige schiffen durch die erstere, Andere durch die letztere in das | ||||||
03 | Südmeer aus dem Atlantischen Ocean. | ||||||
04 | V In Australien. | ||||||
05 | Die Providencestraße zwischen Neuholland und Neuguinea. | ||||||
06 | §. 16. |
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07 | Was nun die Figur und Gestalt des Wassers betrifft, so ist dasselbe | ||||||
08 | dem unermeßlichen Raume gleich und hat eigentlich gar keine Figur, | ||||||
09 | sondern giebt diese vielmehr dem Lande. Allein da man bemerkt hat, da | ||||||
10 | fast alle Flüsse in Amerika, Europa und dem größten Theile Afrikas sich | ||||||
11 | in das Atlantische Meer ergießen; daß sich ferner zwischen Amerika und | ||||||
12 | Asien nur eine kleine Trennung befindet, ja, daß man sogar, wenn Paris | ||||||
13 | zum Standpunkte gewählt wird, fast alles Land wie auf einer einzigen | ||||||
14 | Halbinsel gewahr wird: so läßt es sich mit Wahrscheinlichkeit vermuthen, | ||||||
15 | daß das Atlantische Meer ehemals ein großes Bassin gewesen, und das | ||||||
16 | darin befindliche Wasser gewissermaßen den Damm ausgerissen und auf | ||||||
17 | solche Art eine Communication mit dem übrigen Gewässer erhalten habe. | ||||||
18 | Man nimmt in der That nicht ohne Grund an, daß das Wasser vom | ||||||
19 | Lande gleichsam eingeschränkt worden und daher eine Figur gehabt habe, | ||||||
20 | wovon wir Gelegenheit nehmen werden in dem Abschnitte von dem alten | ||||||
21 | Zustande der Erde umständlicher zu reden. Wenn man die Ufer mit | ||||||
22 | dem Boden des Meeres vergleicht: so findet man, daß der Boden sich fast | ||||||
23 | beständig nach dem benachbarten Ufer richtet, daß wenn dasselbe steil ist, | ||||||
24 | es auch der Boden ist, daß wenn jenes sich schräge herabsenkt, auch dieser | ||||||
25 | in einer ähnlichen Richtung sich neigt. Daß dem in der That also sei, | ||||||
26 | erhellt aus der für allgemein angenommenen Regel der Schiffer, die sich | ||||||
27 | von dem berühmten Seefahrer Dampier herschreibt, daß, wo das Ufer | ||||||
28 | steil sei, man auch leicht an das Land fahren könne, wo hingegen jenes | ||||||
29 | sich schräge niedersenke, da müsse man sich in einer gewissen Entfernung | ||||||
30 | von demselben halten. Je entfernter von dem Lande, um desto tiefer wird | ||||||
31 | das Meer, denn das Land neigt sich mit allmähliger Abschüssigkeit herab. | ||||||
32 | Indem das Meer nur ein Thal ist, so ist der Seegrund nichts anders als | ||||||
33 | eine Fortsetzung des festen Landes und diesem in Hinsicht auf die Beschaffenheit | ||||||
34 | des Bodens überaus gleichförmig, denn auch im Wasser trifft | ||||||
35 | man ganze Strecken von Bergen an, dergestalt, daß das Wasser zuweilen | ||||||
36 | bei dem Vordertheile des Schiffes 20 Loth, an dem Hintertheile aber | ||||||
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