Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 159

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
§. 3.
     
           
  02 Von den Sinnen fangen sich unsere Erkenntnisse an. Sie geben uns      
  03 die Materie, der die Vernunft nur eine schickliche Form ertheilt. Der      
  04 Grund aller Kenntnisse liegt also in den Sinnen und in der Erfahrung,      
  05 welche letztere entweder unsere eigne oder eine fremde ist.      
           
  06 Wir sollten uns wohl nur mit unserer eignen Erfahrung beschäftigen,      
  07 weil diese aber nicht hinreicht, alles zu erkennen, indem der Mensch in Ansehung      
  08 der Zeit nur einen kleinen Theil derselben durchlebt, also darin      
  09 wenig selbst erfahren kann, in Hinsicht auf den Raum aber, wenn er gleich      
  10 reist, vieles doch nicht selbst zu beobachten und wahrzunehmen im Stande      
  11 ist: so müssen wir uns denn auch nothwendig fremder Erfahrungen bedienen.      
  12 Diese müssen indeß zuverlässig sein, und als solche sind schriftlich      
  13 verzeichnete Erfahrungen den bloß mündlich geäußerten vorzuziehen.      
           
  14 Wir erweitern demnach unsere Erkenntnisse durch Nachrichten, wie      
  15 wenn wir selbst die ganze ehemalige Welt durchlebt hätten. Wir erweitern      
  16 unsere Kenntniß der gegenwärtigen Zeit durch Nachrichten von fremden      
  17 und entlegenen Ländern, wie wenn wir selbst in ihnen lebten.      
           
  18 Aber zu merken ist dies: Jede fremde Erfahrung theilt sich uns mit,      
  19 entweder als Erzählung, oder als Beschreibung. Die erstere ist eine      
  20 Geschichte, die andere eine Geographie. Die Beschreibung eines einzelnen      
  21 Ortes der Erde heißt Topographie. - Ferner Chorographie,      
  22 d. i. Beschreibung einer Gegend und ihrer Eigenthümlichkeiten. - Orographie,      
  23 Beschreibung dieser oder jener Gebirge. - Hydrographie,      
  24 Beschreibung der Gewässer.      
           
  25 Anmerkung. Es ist hier nämlich von Weltkenntniß die Rede und sonach      
  26 auch von einer Beschreibung der ganzen Erde. Der Name Geographie wird      
  27 hier also in keiner andern als der gewöhnlichen Bedeutung genommen.      
           
  28
§. 4.
     
           
  29 Was den Plan der Anordnung betrifft: so müssen wir allen unsern      
  30 Erkenntnissen ihre eigenthümliche Stelle anweisen. Wir können      
  31 aber unsern Erfahrungs=Erkenntnissen eine Stelle anweisen, entweder      
  32 unter den Begriffen, oder nach Zeit und Raum, wo sie wirklich anzutreffen      
  33 sind.      
           
  34 Die Eintheilung der Erkenntnisse nach Begriffen ist die logische,      
  35 die nach Zeit und Raum aber die physische Eintheilung. Durch die      
  36 erstere erhalten wir ein Natursystem ( Systema naturae ), wie z. B. das      
           
     

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