Kant: AA IX, Immanuel Kant's Logik Ein ... , Seite 039 |
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01 | 1) die ästhetische Allgemeinheit. Diese besteht in der Anwendbarkeit | ||||||
02 | einer Erkenntniß auf eine Menge von Objecten, die zu Beispielen | ||||||
03 | dienen, an denen sich die Anwendung von ihr machen läßt, und wodurch | ||||||
04 | sie zugleich für den Zweck der Popularität brauchbar wird; | ||||||
05 | 2) die ästhetische Deutlichkeit. Dieses ist die Deutlichkeit in der | ||||||
06 | Anschauung, worin durch Beispiele ein abstract gedachter Begriff in concreto | ||||||
07 | dargestellt oder erläutert wird; | ||||||
08 | 3) die ästhetische Wahrheit. Eine bloß subjective Wahrheit, die | ||||||
09 | nur in der Übereinstimmung des Erkenntnisses mit dem Subject und den | ||||||
10 | Gesetzen des Sinnen=Scheines besteht und folglich nichts weiter als ein | ||||||
11 | allgemeiner Schein ist; | ||||||
12 | 4) die ästhetische Gewißheit. Diese beruht auf dem, was dem | ||||||
13 | Zeugnisse der Sinne zufolge nothwendig ist, d. i. was durch Empfindung | ||||||
14 | und Erfahrung bestätigt wird. | ||||||
15 | Bei den so eben genannten Vollkommenheiten kommen immer zwei | ||||||
16 | Stücke vor, die in ihrer harmonischen Vereinigung die Vollkommenheit | ||||||
17 | überhaupt ausmachen, nämlich: Mannigfaltigkeit und Einheit. Beim | ||||||
18 | Verstande liegt die Einheit im Begriffe, bei den Sinnen in der Anschauung. | ||||||
19 | Bloße Mannigfaltigkeit ohne Einheit kann uns nicht befriedigen. | ||||||
20 | Und daher ist unter allen die Wahrheit die Hauptvollkommenheit, weil sie | ||||||
21 | der Grund der Einheit ist durch die Beziehung unsers Erkenntnisses auf | ||||||
22 | das Object. Auch selbst bei der ästhetischen Vollkommenheit bleibt die | ||||||
23 | Wahrheit immer die conditio sine qua non , die vornehmste negative Bedingung, | ||||||
24 | ohne welche etwas nicht allgemein dem Geschmacke gefallen kann. | ||||||
25 | Es darf daher niemand hoffen, in schönen Wissenschaften fortzukommen, | ||||||
26 | wenn er nicht logische Vollkommenheit in seinem Erkenntnisse zum Grunde | ||||||
27 | gelegt hat. In der größten möglichen Vereinbarung der logischen mit der | ||||||
28 | ästhetischen Vollkommenheit überhaupt in Rücksicht auf solche Kenntnisse, | ||||||
29 | die beides, zugleich unterrichten und unterhalten sollen, zeigt sich auch | ||||||
30 | wirklich der Charakter und die Kunst des Genies. | ||||||
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