Kant: AA IX, Immanuel Kant's Logik Ein ... , Seite 038 |
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| 01 | zu machen. Bei diesem Bestreben, die ästhetische mit der logischen | ||||||
| 02 | Vollkommenheit in unsern Erkenntnissen zu verbinden, müssen wir aber | ||||||
| 03 | folgende Regeln nicht aus der Acht lassen: nämlich 1) daß die logische | ||||||
| 04 | Vollkommenheit die Basis aller übrigen Vollkommenheiten sei und daher | ||||||
| 05 | keiner andern gänzlich nachstehen oder aufgeopfert werden dürfe; 2) da | ||||||
| 06 | man hauptsächlich auf die formale ästhetische Vollkommenheit sehe; die | ||||||
| 07 | Übereinstimmung einer Erkenntniß mit den Gesetzen der Anschauung, weil | ||||||
| 08 | gerade hierin das wesentlich Schöne besteht, das mit der logischen Vollkommenheit | ||||||
| 09 | sich am besten vereinigen läßt; 3) daß man mit Reiz und | ||||||
| 10 | Rührung, wodurch ein Erkenntniß auf die Empfindung wirkt und für | ||||||
| 11 | dieselbe ein Interesse erhält, sehr behutsam sein müsse, weil hierdurch so | ||||||
| 12 | leicht die Aufmerksamkeit vom Object auf das Subject kann gezogen werden, | ||||||
| 13 | woraus denn augenscheinlich ein sehr nachtheiliger Einfluß auf die | ||||||
| 14 | logische Vollkommenheit des Erkenntnisses entstehen muß. | ||||||
| 15 | Um die wesentlichen Verschiedenheiten, die zwischen der logischen und | ||||||
| 16 | der ästhetischen Vollkommenheit des Erkenntnisses stattfinden, nicht bloß | ||||||
| 17 | im Allgemeinen, sondern von mehreren besondern Seiten noch kenntlicher | ||||||
| 18 | zu machen, wollen wir sie beide unter einander vergleichen in Rücksicht auf | ||||||
| 19 | die vier Hauptmomente der Quantität, der Qualität, der Relation und | ||||||
| 20 | der Modalität, worauf es bei Beurtheilung der Vollkommenheit des Erkenntnisses | ||||||
| 21 | ankommt. | ||||||
| 22 | Ein Erkenntniß ist vollkommen 1) der Quantität nach, wenn es allgemein | ||||||
| 23 | ist; 2) der Qualität nach, wenn es deutlich ist; 3) der Relation | ||||||
| 24 | nach, wenn es wahr ist, und endlich 4) der Modalität nach, wenn es gewiß | ||||||
| 25 | ist. | ||||||
| 26 | Aus diesen angegebenen Gesichtspunkten betrachtet, wird also ein Erkenntniß | ||||||
| 27 | logisch vollkommen sein der Quantität nach: wenn es objective | ||||||
| 28 | Allgemeinheit (Allgemeinheit des Begriffs oder der Regel), der Qualität | ||||||
| 29 | nach: wenn es objective Deutlichkeit (Deutlichkeit im Begriffe), der Relation | ||||||
| 30 | nach: wenn es objective Wahrheit, und endlich der Modalität nach: | ||||||
| 31 | wenn es objective Gewißheit hat. | ||||||
| 32 | Diesen logischen Vollkommenheiten entsprechen nun folgende ästhetische | ||||||
| 33 | Vollkommenheiten in Beziehung auf jene vier Hauptmomente; | ||||||
| 34 | nämlich | ||||||
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