Kant: AA VIII, Anhang. ... , Seite 455

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Auflösung derselben verkennen würden; wovon auf alle Weise die gegenwärtige      
  02 Schrift einen Beleg abgiebt. Der eben so scharfsinnige als gelehrte      
  03 Verfasser derselben bemüht sich darin das System der durchgängigen      
  04 Naturnothwendigkeit aller menschlichen Kraftäußerungen unter dem Namen      
  05 des Determinismus als das einzig Richtige darzustellen und in      
  06 Absicht der Sittlichkeit nicht nur als mit ihr verträglich zu erklären, sondern      
  07 auch als ihr förderlich anzupreisen. Neue auch nur Wendungen und      
  08 Methoden, geschweige Gründe und Beweise hierüber verlangen, hieße den      
  09 Gegenstand der Bearbeitung, an welchem seit Jahrtausenden der menschliche      
  10 Geist sich versucht und erschöpft hat, mißkennen. So wie daher einerseits,      
  11 was die Richtigkeit dieser Lehre selbst betrifft, alles wie gewöhnlich      
  12 darauf hinausläuft, daß, was nur irgend durch den äußern oder innern      
  13 Sinn sich wahrnehmen läßt, in so fern es durch den Verstand begriffen      
  14 werden soll, auch dem Erfordernisse des Verstandes gemäß mit      
  15 Ausschließung des Ungefährs nothwendige Bestimmung haben und sonach      
  16 der Mensch als Naturwesen auch unter Naturgesetzen stehen müsse (ein      
  17 Satz, der allerdings unwiderleglich ist, aber nur noch immer den Fragepunkt      
  18 zurückläßt, ob denn der Mensch durchaus nur als Naturwesen anzusehen      
  19 sei): so läuft andererseits über das Verhältniß der physischen      
  20 Nothwendigkeit zu der Moralität alles wiederum und, gewisse logische      
  21 Förmlichkeiten abgerechnet, namentlich fast ganz so, wie in dem bekannten      
  22 Versuche einer Sittenlehre für alle Menschen auf einen      
  23 Fatalismus hinaus, der den ächten Begriffen von Verpflichtung und Zurechnung      
  24 weiter keinen Bestand läßt. Das wird keinen Sachkundigen befremden;      
  25 aber was uns denn doch befremdet hat, ist theils die Insinuation      
  26 des Vf. S. 8 "sich keine Zurückhaltung und absichtlich klügelnde Zweideutigkeit      
  27 oder Unbestimmtheit erlaubt zu haben"; theils die Zuversicht,      
  28 womit er in der an die Lieblinge seiner Seele, das heißt, seine werthesten      
  29 Zuhörer, gerichteten Dedication "nichts mehr wünscht, als daß sie in      
  30 dieser seiner Lehre alle die Beruhigung und Zufriedenheit finden möchten,      
  31 die er selbst davon erfahren habe, und sie auffordert, durch ihr Beispiel zu      
  32 zeigen, daß richtig (zu verstehen, so wie er hier dargestellt ist) gefaßter Determinismus      
  33 die Sittlichkeit nicht aufhebe, sondern stütze". In der That      
  34 macht beides, verglichen mit dem Vortrage und Inhalt der Schrift, mit      
  35 einander zum Theil einen wunderlichen Contrast, und es wird gewiß wohlgethan      
  36 sein, diesen durch folgende Beleuchtung des Hauptgedankens für      
  37 den Leser in näheren Augenschein zu setzen. Da nämlich das Sollen ein      
           
     

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