Kant: AA VIII, Verkündigung des nahen ... , Seite 420 |
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01 | Es ist ihm nur darum zu thun, die Kritik der reinen Vernunft wo | ||||||
02 | möglich aus dem Wege zu räumen. Sein Rath ist wie die Versicherung | ||||||
03 | jener guten Freunde, die den Schafen antrugen: wenn diese nur die Hunde | ||||||
04 | abschaffen wollten, mit ihnen wie Brüder in beständigem Frieden zu leben. | ||||||
05 | - Wenn der Lehrling diesem Rathe Gehör giebt, so ist er ein Spielzeug | ||||||
06 | in der Hand des Meisters, "seinen Geschmack (wie dieser sagt) durch die | ||||||
07 | Schriftsteller des Alterthums (in der Überredungskunst, durch subjective | ||||||
08 | Gründe des Beifalls, statt Überzeugungsmethode, durch objective) fest zu | ||||||
09 | machen." Dann ist er sicher: jener werde sich Wahrheitsschein ( verisimilitudo ) | ||||||
10 | für Wahrscheinlichkeit ( probabilitas ) und diese in Urtheilen, | ||||||
11 | die schlechterdings nur a priori aus der Vernunft hervorgehen | ||||||
12 | können, sich für Gewißheit aufheften lassen. "Die rauhe, barbarische | ||||||
13 | Sprache der kritischen Philosophie" wird ihm nicht behagen; da doch vielmehr | ||||||
14 | ein schöngeisterischer Ausdruck, in die Elementarphilosophie getragen, | ||||||
15 | daselbst für barbarisch angesehen werden muß. - Er bejammert | ||||||
16 | es, daß "allen Ahnungen, Ausblicken aufs Übersinnliche, jedem Genius | ||||||
17 | der Dichtkunst die Flügel abgeschnitten werden sollen" (wenn es die Philosophie | ||||||
18 | angeht!). | ||||||
19 | Die Philosophie in demjenigen Theile, der die Wissenslehre enthält | ||||||
20 | (in dem theoretischen), und der, ob sie zwar größtentheils auf Beschränkung | ||||||
21 | der Anmaßungen im theoretischen Erkenntniß gerichtet ist, doch | ||||||
22 | schlechterdings nicht vorbeigegangen werden kann, sieht sich in ihrem praktischen | ||||||
23 | eben sowohl genöthigt zu einer Metaphysik (der Sitten) als | ||||||
24 | einem Inbegriff bloß formaler Principien des Freiheitsbegriffs zurückzugehen, | ||||||
25 | ehe noch vom Zweck der Handlungen (der Materie des Wollens) | ||||||
26 | die Frage ist. - Unser antikritischer Philosoph überspringt diese Stufe, | ||||||
27 | oder er verkennt sie vielmehr so gänzlich, daß er den Grundsatz, welcher | ||||||
28 | zum Probirstein aller Befugniß dienen kann: handle nach einer | ||||||
29 | Maxime, nach der du zugleich wollen kannst, sie solle ein allgemeines | ||||||
30 | Gesetz werden, völlig mißversteht und ihm eine Bedeutung | ||||||
31 | giebt, welche ihn auf empirische Bedingungen einschränkt und so zu einem | ||||||
32 | Kanon der reinen moralisch=praktischen Vernunft (dergleichen es doch | ||||||
33 | einen geben muß) untauglich macht; wodurch er sich in ein ganz anderes | ||||||
34 | Feld wirft, als wohin jener Kanon ihn hinweiset, und abenteuerliche | ||||||
35 | Folgerungen herausbringt. | ||||||
36 | Es ist aber offenbar: daß hier nicht von einem Princip des Gebrauchs | ||||||
37 | der Mittel zu einem gewissen Zweck (denn alsdann wäre es ein pragmatisches, | ||||||
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