Kant: AA VIII, Über den Gemeinspruch Das ... , Seite 282 |
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01 | Triebfeder haben, die ihn in Bewegung setzt, ehe man ihm ein Ziel | ||||||
02 | vorstecken kann*), wohin diese Bewegung gerichtet werden soll." | ||||||
03 | Dieses Argument ist nichts weiter, als ein Spiel mit der Zweideutigkeit | ||||||
04 | des Worts das Gute: da dieses entweder, als an sich und unbedingt | ||||||
05 | gut, im Gegensatz mit dem an sich Bösen; oder, als immer nur bedingterweise | ||||||
06 | gut, mit dem schlechteren oder besseren Guten verglichen wird, da | ||||||
07 | der Zustand der Wahl des letzteren nur ein comparativ=besserer Zustand, | ||||||
08 | an sich selbst aber doch böse sein kann. - Die Maxime einer unbedingten, | ||||||
09 | auf gar keine zum Grunde gelegte Zwecke Rücksicht nehmenden Beobachtung | ||||||
10 | eines kategorisch gebietenden Gesetzes der freien Willkür (d. i. der | ||||||
11 | Pflicht) ist von der Maxime, dem als Motiv zu einer gewissen Handlungsweise | ||||||
12 | uns von der Natur selbst untergelegten Zweck (der im Allgemeinen | ||||||
13 | Glückseligkeit heißt) nachzugehen, wesentlich, d. i. der Art nach, unterschieden. | ||||||
14 | Denn die erste ist an sich selbst gut, die zweite keineswegs; sie | ||||||
15 | kann im Fall der Collision mit der Pflicht sehr böse sein. Hingegen wenn | ||||||
16 | ein gewisser Zweck zum Grunde gelegt wird, mithin kein Gesetz unbedingt | ||||||
17 | (sondern nur unter der Bedingung dieses Zwecks) gebietet, so können zwei | ||||||
18 | entgegengesetzte Handlungen beide bedingterweise gut sein, nur eine besser | ||||||
19 | als die andere (welche letztere daher comparativ=böse heißen würde; denn | ||||||
20 | sie sind nicht der Art, sondern bloß dem Grade nach von einander | ||||||
21 | unterschieden. Und so ist es mit allen Handlungen beschaffen, deren | ||||||
22 | Motiv nicht das unbedingte Vernunftgesetz (Pflicht), sondern ein von uns | ||||||
23 | willkürlich zum Grunde gelegter Zweck ist: denn dieser gehört zur Summe | ||||||
24 | aller Zwecke, deren Erreichung Glückseligkeit genannt wird; und eine | ||||||
25 | Handlung kann mehr, die andere weniger zu meiner Glückseligkeit beitragen, | ||||||
26 | mithin besser oder schlechter sein als die andere. - Das Vorziehen | ||||||
27 | aber eines Zustandes der Willensbestimmung vor dem andern ist | ||||||
28 | bloß ein Actus der Freiheit ( res merae facultatis, wie die Juristen sagen), | ||||||
29 | bei welchem, ob diese (Willensbestimmung) an sich gut oder böse ist, gar | ||||||
30 | nicht in Betrachtung gezogen wird, mithin in Ansehung beider gleichgeltend. | ||||||
*) Das ist ja gerade dasjenige, worauf ich dringe. Die Triebfeder, welche der Mensch vorher haben kann, ehe ihm ein Ziel (Zweck) vorgesteckt wird, kann doch offenbar nichts andres sein, als das Gesetz selbst durch die Achtung, die es (unbestimmt, welche Zwecke man haben und durch dessen Befolgung erreichen mag) einflößt. Denn das Gesetz in Ansehung des Formalen der Willkür ist ja das einzige, was übrig bleibt, wann ich die Materie der Willkür (das Ziel, wie sie Hr. G. nennt) aus dem Spiel gelassen habe. | |||||||
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