Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 249

     
           
 

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  01 sonst sein System nicht mit sich selbst zusammenstimmt. Diesen Fehler      
  02 nun für absichtliche, weise Vorsicht desselben aufzunehmen (wie Nachahmer,      
  03 um ihrem Originale recht ähnlich zu werden, auch seine Geberden      
  04 oder Sprachfehler nachmachen), kann ihnen schwerlich zum Verdienst      
  05 um die Ehre ihres Meisters angerechnet werden. Das Angeborensein      
  06 gewisser Begriffe, als ein Ausdruck für ein Grundvermögen in      
  07 Ansehung der Principien a priori unserer Erkenntniß, dessen er sich blos      
  08 gegen Locke, der keinen anderen als empirischen Ursprung anerkennt,      
  09 bedient, wird eben so unrecht verstanden, wenn man es nach dem Buchstaben      
  10 nimmt.      
           
  11 III Ist es möglich zu glauben, daß Leibniz mit seiner vorherbestimmten      
  12 Harmonie zwischen Seele und Körper ein Zusammenpassen      
  13 zweier von einander ihrer Natur nach ganz unabhängiger und durch eigene      
  14 Kräfte auch nicht in Gemeinschaft zu bringender Wesen verstanden haben      
  15 sollte? Das wäre ja gerade den Idealism angekündigt; denn warum soll      
  16 man überhaupt Körper annehmen, wenn es möglich ist, alles, was in      
  17 der Seele vorgeht, als Wirkung ihrer eigenen Kräfte, die sie auch ganz      
  18 isolirt eben so ausüben würde, anzusehen? Seele und das uns gänzlich      
  19 unbekannte Substrat der Erscheinungen, welche wir Körper nennen, sind      
  20 zwar ganz verschiedene Wesen, aber diese Erscheinungen selbst, als bloße      
  21 auf des Subjects (der Seele) Beschaffenheit beruhende Formen ihrer Anschauung,      
  22 sind bloße Vorstellungen, und da läßt sich die Gemeinschaft      
  23 zwischen Verstande und Sinnlichkeit in demselben Subjecte nach gewissen      
  24 Gesetzen a priori wohl denken und doch zugleich die nothwendige natürliche      
  25 Abhängigkeit der letzteren von äußeren Dingen, ohne diese dem Idealism      
  26 preiszugeben. Von dieser Harmonie zwischen dem Verstande und der      
  27 Sinnlichkeit, so fern sie Erkenntnisse von allgemeinen Naturgesetzen a priori      
  28 möglich macht, hat die Kritik zum Grunde angegeben, daß ohne diese keine      
  29 Erfahrung möglich ist, mithin die Gegenstände (weil sie theils ihrer Anschauung      
  30 nach den formalen Bedingungen unserer Sinnlichkeit, theils der      
  31 Verknüpfung des Mannigfaltigen nach den Principien der Zusammenordnung      
  32 in ein Bewußtsein, als Bedingung der Möglichkeit einer Erkenntniß      
  33 derselben, gemäß sind) von uns in die Einheit des Bewußtseins gar nicht      
  34 aufgenommen werden und in die Erfahrung hineinkommen, mithin für      
  35 uns nichts sein würden. Wir konnten aber doch keinen Grund angeben,      
  36 warum wir gerade eine solche Art der Sinnlichkeit und eine solche Natur      
  37 des Verstandes haben, durch deren Verbindung Erfahrung möglich wird;      
           
     

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