Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 244 |
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01 | ihrem Gebrauche im Wege stehen könnte. Ist nun aber die letztere außer | ||||||
02 | Zweifel gesetzt, und zugleich auch die Nothwendigkeit, mit der sich diese | ||||||
03 | Folgen von selbst aufdringen, in die Augen fallend, so kann man mit der | ||||||
04 | größten Wahrscheinlichkeit annehmen, sie sei noch nicht gemacht worden. | ||||||
05 | Nun ist die Frage, wie Erkenntniß a priori möglich sei, längstens, | ||||||
06 | vornehmlich seit Lockes Zeit aufgeworfen und behandelt worden; was war | ||||||
07 | natürlicher, als daß, so bald man den Unterschied des Analytischen vom | ||||||
08 | Synthetischen in demselben deutlich bemerkt hätte, man diese allgemeine | ||||||
09 | Frage auf die besondere eingeschränkt haben würde: wie sind synthetische | ||||||
10 | Urtheile a priori möglich? Denn so bald diese aufgeworfen worden, so | ||||||
11 | geht jedermann ein Licht auf, nämlich daß das Stehen und Fallen der | ||||||
12 | Metaphysik lediglich auf der Art beruhe, wie die letztere Aufgabe aufgelöset | ||||||
13 | würde; man hätte sicherlich alles dogmatische Verfahren mit ihr so | ||||||
14 | lange eingestellt, bis man über diese einzige Aufgabe hinreichende Auskunft | ||||||
15 | erhalten hätte; die Kritik der reinen Vernunft wäre das Losungswort | ||||||
16 | geworden, vor welchem auch die stärkste Posaune dogmatischer Behauptungen | ||||||
17 | derselben nicht hätte aufkommen können. Da dieses nun nicht | ||||||
18 | geschehen ist, so kann man nicht anders urtheilen, als daß der genannte | ||||||
19 | Unterschied der Urtheile niemals gehörig eingesehen worden. Dieses war | ||||||
20 | auch unvermeidlich, wenn sie ihn wie Herr Eberhard, der aus ihren | ||||||
21 | Prädicaten den bloßen Unterschied der Attribute vom Wesen und wesentlichen | ||||||
22 | Stücken des Subjects macht, beurtheilten und ihn also zur Logik | ||||||
23 | zählten, da diese es niemals mit der Möglichkeit des Erkenntnisses ihrem | ||||||
24 | Inhalte nach, sondern blos mit der Form derselben, so fern es ein discursives | ||||||
25 | Erkenntniß ist, zu thun hat, den Ursprung der Erkenntniß aber | ||||||
26 | a priori von Gegenständen zu erforschen ausschließlich der Transscendentalphilosophie | ||||||
27 | überlassen muß. Diese Einsicht und bestimmte Brauchbarkeit | ||||||
28 | konnte die genannte Eintheilung auch nicht erlangen, wenn sie für die | ||||||
29 | Ausdrücke der analytischen und synthetischen so übel gewählte, als die der | ||||||
30 | identischen und nichtidentischen Urtheile es sind, eingetauscht hätte. | ||||||
31 | Denn durch die letztern wird nicht die mindeste Anzeige auf eine besondere | ||||||
32 | Art der Möglichkeit einer solchen Verbindung der Vorstellungen a priori | ||||||
33 | gethan; an dessen Statt der Ausdruck eines synthetischen Urtheils (im | ||||||
34 | Gegensatze des analytischen) sofort eine Hinweisung zu einer Synthesis | ||||||
35 | a priori überhaupt bei sich führt und natürlicher Weise die Untersuchung, | ||||||
36 | welche gar nicht mehr logisch, sondern schon transscendental ist, veranlassen | ||||||
37 | muß: ob es nicht Begriffe (Kategorien) gebe, die nichts als die reine synthetische | ||||||
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