Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 219 |
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01 | subjectiven Grund der Erscheinungen als verworrener Vorstellungen im | ||||||
02 | Unvermögen setzt, alle Merkmale (Theilvorstellungen der Sinnenanschauung) | ||||||
03 | zu unterscheiden, und indem er S. 377 die Kritik tadelt, da | ||||||
04 | sie diesen nicht angegeben habe, sagt er: er bestehe in den Schranken des | ||||||
05 | Subjects. Daß außer diesen subjectiven Gründen der logischen Form der | ||||||
06 | Anschauung die Erscheinungen auch objective haben, behauptet die Kritik | ||||||
07 | selbst, und darin wird sie Leibnizen nicht widerstreiten. Aber daß, wenn | ||||||
08 | diese objective Gründe (die einfachen Elemente) als Theile in den Erscheinungen | ||||||
09 | selbst liegen und blos der Verworrenheit wegen nicht als solche | ||||||
10 | wahrgenommen, sondern nur hineindemonstrirt werden können, sie sinnliche | ||||||
11 | und doch nicht blos sinnliche, sondern um der letztern Ursache willen auch | ||||||
12 | intellectuelle Anschauungen heißen sollen, das ist ein offenbarer Widerspruch, | ||||||
13 | und so kann Leibnizens Begriff von der Sinnlichkeit und den Erscheinungen | ||||||
14 | nicht ausgelegt werden, und Herr Eberhard hat entweder eine | ||||||
15 | ganz unrichtige Auslegung von dessen Meinung gegeben, oder diese muß ohne | ||||||
16 | Bedenken verworfen werden. Eins von beiden: entweder die Anschauung | ||||||
17 | ist dem Objecte nach ganz intellectuell, d. i. wir schauen die Dinge an, wie | ||||||
18 | sie an sich sind, und alsdann besteht die Sinnlichkeit lediglich in der Verworrenheit, | ||||||
19 | die von einer solchen vielbefassenden Anschauung unzertrennlich | ||||||
20 | ist: oder sie ist nicht intellectuell, wir verstehen darunter nur die Art, | ||||||
21 | wie wir von einem an sich selbst uns ganz unbekannten Object afficirt | ||||||
22 | werden, und da besteht die Sinnlichkeit so gar nicht in der Verworrenheit, | ||||||
23 | daß vielmehr ihre Anschauung immerhin auch den höchsten Grad der | ||||||
24 | Deutlichkeit haben möchte und, wofern in ihr einfache Theile stecken, sich | ||||||
25 | auch auf dieser ihre klare Unterscheidung erstrecken könnte, dennoch aber nicht | ||||||
26 | im mindesten etwas mehr als bloße Erscheinung enthalten würde. Beides | ||||||
27 | zusammen kann in einem und demselben Begriffe der Sinnlichkeit nicht | ||||||
28 | gedacht werden. Also die Sinnlichkeit, wie Herr Eberhard Leibnizen den | ||||||
29 | Begriff derselben beilegt, unterscheidet sich von der Verstandeserkenntniß | ||||||
30 | entweder blos durch die logische Form (die Verworrenheit), indessen da | ||||||
31 | sie dem Inhalte nach lauter Verstandesvorstellungen von Dingen an sich | ||||||
32 | enthält, oder sie unterscheidet sich von dieser auch transscendental, d. i. dem | ||||||
33 | Ursprung und Inhalte nach, indem sie gar nichts von der Beschaffenheit | ||||||
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