Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 218 |
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01 | dieser Vorstellung etwas Nichtsinnliches wahrzunehmen. - Hiebei wird | ||||||
02 | vielleicht dem Leser einfallen, zu fragen: warum, wenn Herr Eberhard nun | ||||||
03 | einmal beim Erheben über die Sphäre der Sinnlichkeit (S. 169) ist, er doch | ||||||
04 | den Ausdruck des Nichtsinnlichen immer braucht und nicht vielmehr den des | ||||||
05 | Übersinnlichen. Allein das geschieht auch mit gutem Vorbedacht. Denn | ||||||
06 | bei dem letzteren würde es gar zu sehr in die Augen gefallen sein, daß er es | ||||||
07 | nicht aus der sinnlichen Anschauung, eben darum weil sie sinnlich ist, | ||||||
08 | herausklauben konnte. Nichtsinnlich aber bezeichnet einen bloßen Mangel | ||||||
09 | (z. B. des Bewußtseins von etwas in der Vorstellung eines Gegenstandes | ||||||
10 | der Sinne), und der Leser wird es nicht sofort inne, daß ihm dadurch eine | ||||||
11 | Vorstellung von wirklichen Gegenständen einer anderen Art in die Hand | ||||||
12 | gespielt werden soll. Eben so ist es mit dem, wovon wir nachher reden | ||||||
13 | wollen, dem Ausdrucke Allgemeine Dinge (statt allgemeiner Prädicate der | ||||||
14 | Dinge), bewandt, wodurch der Leser glaubt eine besondere Gattung von | ||||||
15 | Wesen verstehen zu müssen, oder dem Ausdrucke nicht=identischer (statt | ||||||
16 | synthetischer) Urtheile. Es gehört viel Kunst in der Wahl unbestimmter | ||||||
17 | Ausdrücke dazu, um Armseligkeiten dem Leser für bedeutende Dinge zu | ||||||
18 | verkaufen. | ||||||
19 | Wenn also Herr Eberhard den Leibnizisch=Wolffischen Begriff der | ||||||
20 | Sinnlichkeit der Anschauung recht ausgelegt hat: daß sie blos in der Verworrenheit | ||||||
21 | des Mannigfaltigen der Vorstellungen in derselben bestehe, indessen | ||||||
22 | daß diese doch die Dinge an sich selbst vorstellen, deren deutliches | ||||||
23 | Erkenntniß aber auf dem Verstande (der die einfachen Theile in jener | ||||||
24 | Anschauung erkennt) beruhe, so hat ja die Kritik jener Philosophie nichts | ||||||
25 | angedichtet und fälschlich aufgebürdet, und es bleibt nur noch übrig auszumachen, | ||||||
26 | ob sie auch Recht habe, zu sagen: dieser Standpunkt, den die | ||||||
27 | letztere genommen hat, um die Sinnlichkeit (als ein besonderes Vermögen | ||||||
28 | der Receptivität) zu charakterisiren, sei unrichtig*). Er bestätigt die | ||||||
29 | Richtigkeit dieser der Leibnizischen Philosophie in der Kritik beigelegten | ||||||
30 | Bedeutung des Begriffs der Sinnlichkeit S. 303 dadurch: daß er den | ||||||
*) Herr Eberhard schilt und ereifert sich auch auf eine belustigende Art S. 298 über die Vermessenheit eines solchen Tadels (dem er obenein einen falschen Ausdruck unterschiebt). Wenn es jemanden einfiele den Cicero zu tadeln, daß er nicht gut Latein geschrieben habe: so würde irgend ein Scioppius (ein bekannter grammatischer Eiferer) ihn ziemlich unsanft, aber doch mit Recht in seine Schranken weisen; denn was gut Latein sei, können wir nur aus dem Cicero (und seinen Zeitgenossen) lernen. Wenn jemand aber einen Fehler in Plato's oder Leibnizens Philosophie anzutreffen glaubte, so wäre der Eifer darüber, daß [Seitenumbruch] sogar an Leibnizen etwas zu tadeln sein sollte, lächerlich. Denn was philosophisch=richtig sei, kann und muß keiner aus Leibnizen lernen, sondern der Probirstein, der dem einen so nahe liegt wie dem anderen, ist die gemeinschaftliche Menschenvernunft, und es giebt keinen klassischen Autor der Philosophie. | |||||||
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