Kant: AA VIII, Über den Gebrauch ... , Seite 169

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 zwei ursprüngliche Stämme nöthig findet; da nach meiner Meinung      
  02 (der ich sie mit Hrn. F. gleichfalls für ursprüngliche Charaktere halte)      
  03 es möglich und dabei der philosophischen Erklärungsart angemessener      
  04 ist, sie als Entwickelung in einem Stamme eingepflanzter zweckmäßiger      
  05 erster Anlagen anzusehen; welches denn auch keine so große Zwistigkeit ist,      
  06 daß die Vernunft sich nicht hierüber ebenfalls die Hand böte, wenn man      
  07 bedenkt, daß der physische erste Ursprung organischer Wesen uns beiden      
  08 und überhaupt der Menschenvernunft unergründlich bleibt, eben so wohl      
  09 als das halbschlächtige Anarten in der Fortpflanzung derselben. Da das      
  10 System der gleich anfangs getrennten und in zweierlei Stämmen isolirten,      
  11 gleichwohl aber nachher in der Vermischung der vorher abgesonderten      
  12 einträchtig wieder zusammenschmelzenden Keime nicht die mindeste Erleichterung      
  13 für die Begreiflichkeit durch Vernunft mehr verschafft, als das      
  14 der in einem und demselben Stamme ursprünglich eingepflanzten verschiedenen,      
  15 sich in der Folge zweckmäßig für die erste allgemeine Bevölkerung      
  16 entwickelnden Keime; und die letztere Hypothese dabei doch den      
  17 Vorzug der Ersparniß verschiedener Localschöpfungen bei sich führt; da      
  18 ohnedem an Ersparniß teleologischer Erklärungsgründe, um sie durch      
  19 physische zu ersetzen, bei organisirten Wesen in dem, was die Erhaltung      
  20 ihrer Art angeht, gar nicht zu denken ist, und die letztere Erklärungsart      
  21 also der Naturforschung keine neue Last auflegt über die, welche sie ohnedem      
  22 niemals los werden kann, nämlich hierin lediglich dem Princip der      
  23 Zwecke zu folgen; da auch Hr. F. eigentlich nur durch die Entdeckungen      
  24 seines Freundes, des berühmten und philosophischen Zergliederers Hrn.      
  25 Sömmering, bestimmt worden, den Unterschied der Neger von andern      
  26 Menschen erheblicher zu finden, als es denen wohl gefallen möchte, die      
  27 gern alle erbliche Charaktere in einander verwischen und sie als bloße zufällige      
  28 Schattirungen ansehen möchten, und dieser vortreffliche Mann sich      
  29 für die vollkommene Zweckmäßigkeit der Negerbildung in Betreff seines      
  30 Mutterlandes erklärt*), indessen daß doch in dem Knochenbau des Kopfs      
           
    *) Sömmering über die körperliche Verschiedenheit des Negers vom Europäer. S. 79. "Man findet am Bau des Negers Eigenschaften, die ihn für sein Klima zum vollkommensten, vielleicht zum vollkommenern Geschöpf, als den Europäer machen." Der vortreffliche Mann bezweifelt (in derselben Schrift § 44) D. Schott's Meinung von der zu besserer Herauslassung schädlicher Materien geschickter organisirten Haut der Negern. Allein wenn man Lind's (von den Krankheiten der Europäer etc.) Nachrichten über die Schädlichkeit der durch sumpfichte Waldungen [Seitenumbruch] phlogisticirten Luft um den Gambiastrom, welche den englischen Matrosen so geschwinde tödtlich wird, in der gleichwohl die Neger als in ihrem Elemente leben, damit verbindet, so bekommt jene Meinung doch viele Wahrscheinlichkeit.      
           
     

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