Kant: AA VIII, Über den Gebrauch ... , Seite 166 |
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01 | nicht als in voller Freiheit bildend, sondern eben sowohl, als bei den | ||||||
02 | Racen=Charakteren, sie nur als entwickelnd und auf dieselbe durch ursprüngliche | ||||||
03 | Anlagen vorausbestimmt anzusehen habe: weil auch in dieser | ||||||
04 | Zweckmäßigkeit und derselben gemäße Abgemessenheit angetroffen wird, | ||||||
05 | die kein Werk des Zufalls sein kann. Was schon Lord Shaftsbury anmerkte, | ||||||
06 | nämlich, daß in jedem Menschengesichte eine gewisse Originalität | ||||||
07 | (gleichsam ein wirkliches Dessein) angetroffen werde, welche das Individuum | ||||||
08 | als zu besonderen Zwecken, die es nicht mit anderen gemein hat, | ||||||
09 | bestimmt auszeichnet, obzwar diese Zeichen zu entziffern über unser Vermögen | ||||||
10 | geht, das kann ein jeder Portraitmaler, der über seine Kunst denkt, | ||||||
11 | bestätigen. Man sieht einem nach dem Leben gemalten und wohlausgedrückten | ||||||
12 | Bilde die Wahrheit an, d. i. daß es nicht aus der Einbildung genommen | ||||||
13 | ist. Worin besteht aber diese Wahrheit? Ohne Zweifel in einer | ||||||
14 | bestimmten Proportion eines der vielen Theile des Gesichts zu allen | ||||||
15 | anderen, um einen individuellen Charakter, der einen dunkel vorgestellten | ||||||
16 | Zweck enthält, auszudrücken. Kein Theil des Gesichts, wenn er uns auch | ||||||
17 | unproportionirt scheint, kann in der Schilderei mit Beibehaltung der | ||||||
18 | übrigen abgeändert werden, ohne dem Kennerauge, ob er gleich das | ||||||
19 | Original nicht gesehen hat, in Vergleichung mit dem von der Natur | ||||||
20 | copirten Porträt, sofort merklich zu machen, welches von beiden die | ||||||
21 | lautere Natur und welches Erdichtung enthalte. Die Varietät unter | ||||||
22 | Menschen von eben derselben Race ist aller Wahrscheinlichkeit nach eben | ||||||
23 | so zweckmäßig in dem ursprünglichen Stamme belegen gewesen, um die | ||||||
24 | größte Mannigfaltigkeit zum Behuf unendlich verschiedener Zwecke, als | ||||||
25 | der Racenunterschied, um die Tauglichkeit zu weniger, aber wesentlichern | ||||||
26 | Zwecken zu gründen und in der Folge zu entwickeln; wobei doch der | ||||||
27 | Unterschied obwaltet, daß die letztern Anlagen, nachdem sie sich einmal | ||||||
28 | entwickelt haben (welches schon in der ältesten Zeit geschehen sein muß), | ||||||
29 | keine neue Formen dieser Art weiter entstehen, noch auch die alte erlöschen | ||||||
30 | lassen; dagegen die erstere wenigstens unserer Kenntniß nach eine | ||||||
31 | an neuen Charakteren (äußeren sowohl als innern) unerschöpfliche Natur | ||||||
32 | anzuzeigen scheinen. | ||||||
33 | In Ansehung der Varietäten scheint die Natur die Zusammenschmelzung | ||||||
34 | zu verhüten, weil sie ihrem Zwecke, nämlich der Mannigfaltigkeit | ||||||
35 | der Charaktere, entgegen ist; dagegen sie, was die Racenunterschiede | ||||||
36 | betrifft, dieselbe (nämlich Zusammenschmelzung) wenigstens verstattet, | ||||||
37 | wenn gleich nicht begünstigt, weil dadurch das Geschöpf für mehrere | ||||||
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