Kant: AA VIII, Über den Gebrauch ... , Seite 165 |
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01 | zu gewinnen. Gelingt dieses aber, so ist die noch so große Verschiedenheit | ||||||
02 | der Gestalt keine Hinderniß eine gemeinschaftliche Abstammung | ||||||
03 | derselben wenigstens möglich zu finden; denn so wie sie sich unerachtet | ||||||
04 | dieser Verschiedenheit doch durch Zeugung in ein Product, das beider Charaktere | ||||||
05 | enthält, vereinigen können: so haben sie sich aus einem Stamme, | ||||||
06 | der die Anlagen zur Entwicklung beider Charaktere ursprünglich in sich verbarg, | ||||||
07 | durch Zeugung in so viel Racen theilen können; und die Vernunft | ||||||
08 | wird ohne Noth nicht von zwei Principien ausgehen, wenn sie mit einem | ||||||
09 | auslangen kann. Das sichere Kennzeichen erblicher Eigenthümlichkeiten | ||||||
10 | aber, als der Merkmale eben so vieler Racen, ist schon angeführt worden. | ||||||
11 | Jetzt ist noch etwas von den erblichen Varietäten anzumerken, welche | ||||||
12 | zur Benennung eines oder andern Menschenschlags (Familien= und | ||||||
13 | Volksschlags) Anlaß geben. | ||||||
14 | Eine Varietät ist die erbliche Eigenthümlichkeit, die nicht klassifisch | ||||||
15 | ist, weil sie sich nicht unausbleiblich fortpflanzt; denn eine solche Beharrlichkeit | ||||||
16 | des erblichen Charakters wird erfordert, um selbst für die Naturbeschreibung | ||||||
17 | nur zur Classeneintheilung zu berechtigen. Eine Gestalt, die in | ||||||
18 | der Fortpflanzung nur bisweilen den Charakter der nächsten Eltern | ||||||
19 | und zwar mehrentheils nur einseitig (Vater oder Mutter nachartend) reproducirt, | ||||||
20 | ist kein Merkmal, daran man den Abstamm von beiden Eltern | ||||||
21 | kennen kann, z. B. den Unterschied der Blonden und Brunetten. Eben so | ||||||
22 | ist die Race oder Abartung eine unausbleibliche erbliche Eigenthümlichkeit, | ||||||
23 | die zwar zur Classeneintheilung berechtigt, aber doch nicht specifisch | ||||||
24 | ist, weil die unausbleiblich halbschlächtige Nachartung (also das Zusammenschmelzen | ||||||
25 | der Charaktere ihrer Unterscheidung) es wenigstens nicht | ||||||
26 | als unmöglich urtheilen läßt, ihre angeerbte Verschiedenheit auch in ihrem | ||||||
27 | Stamme uranfänglich, als in bloßen Anlagen vereinigt und nur in der | ||||||
28 | Fortpflanzung allmählig entwickelt und geschieden, anzusehen. Denn | ||||||
29 | man kann ein Thiergeschlecht nicht zu einer besondern Species machen, wenn | ||||||
30 | es mit einem anderen zu einem und demselben Zeugungssystem der Natur | ||||||
31 | gehört. Also würde in der Naturgeschichte Gattung und Species einerlei, | ||||||
32 | nämlich die nicht mit einem gemeinschaftlichen Abstamme vereinbare | ||||||
33 | Erbeigenthümlichkeit, bedeuten. Diejenige aber, die damit zusammen | ||||||
34 | bestehen kann, ist entweder nothwendig erblich, oder nicht. Im erstern | ||||||
35 | Fall macht es den Charakter der Race, im andern der Varietät aus. | ||||||
36 | Von dem, was in der Menschengattung Varietät genannt werden | ||||||
37 | kann, merke ich hier nun an, daß man auch in Ansehung dieser die Natur | ||||||
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