Kant: AA VIII, Bestimmung des Begriffs einer ... , Seite 100 |
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01 | von der der schwarzen unterschieden; und es giebt gar keine verschiedene | ||||||
02 | Arten von Menschen. Dadurch würde die Einheit des | ||||||
03 | Stammes, woraus sie hätten entspringen können, abgeleugnet; wozu man, | ||||||
04 | wie aus der unausbleiblichen Anerbung ihrer klassischen Charaktere bewiesen | ||||||
05 | worden, keinen Grund, vielmehr einen sehr wichtigen zum Gegentheil | ||||||
06 | hat.*) | ||||||
07 | Der Begriff einer Race ist also: der Klassenunterschied der | ||||||
08 | Thiere eines und desselben Stammes, so fern er unausbleiblich | ||||||
09 | erblich ist. | ||||||
10 | Das ist die Bestimmung, die ich in dieser Abhandlung zur eigentlichen | ||||||
11 | Absicht habe; das Übrige kann man als zur Nebenabsicht gehörig, | ||||||
12 | oder bloße Zuthat ansehen und es annehmen oder verwerfen. Nur das | ||||||
13 | erstere halte ich für bewiesen und überdem zur Nachforschung in der | ||||||
14 | Naturgeschichte als Princip brauchbar, weil es eines Experiments fähig | ||||||
15 | ist, welches die Anwendung jenes Begriffs sicher leiten kann, der ohne | ||||||
16 | jenes schwankend und unsicher sein würde. - Wenn verschiedentlich gestaltete | ||||||
17 | Menschen in die Umstände gesetzt werden, sich zu vermischen, so | ||||||
18 | giebt es, wenn die Zeugung halbschlächtig ist, schon eine starke Vermuthung, | ||||||
19 | sie möchten wohl zu verschiedenen Racen gehören; ist aber dieses | ||||||
20 | Product ihrer Vermischung jederzeit halbschlächtig, so wird jene Vermuthung | ||||||
21 | zur Gewißheit. Dagegen wenn auch nur eine einzige Zeugung | ||||||
22 | keinen Mittelschlag darstellt, so kann man gewiß sein, daß beide Eltern | ||||||
23 | von derselben Gattung, so verschieden sie auch aussehen mögen, dennoch zu | ||||||
24 | einer und derselben Race gehören. | ||||||
25 | Ich habe nur vier Racen der Menschengattung angenommen: nicht | ||||||
26 | als ob ich ganz gewiß wäre, es gebe nirgend eine Spur von noch mehreren; | ||||||
*) Anfänglich, wenn man bloß die Charaktere der Vergleichung (der Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit nach) vor Augen hat, erhält man Klassen von Geschöpfen unter einer Gattung. Sieht man ferner auf ihre Abstammung, so muß sich zeigen, ob jene Klassen eben so viel verschiedene Arten, oder nur Racen seien. Der Wolf, der Fuchs, der Jakal, die Hyäne und der Haushund sind so viel Klassen vierfüßiger Thiere. Nimmt man an: daß jede derselben eine besondere Abstammung bedurft habe, so sind es so viel Arten; räumt man aber ein, daß sie auch von einem Stamme haben entspringen können, so sind sie nur Racen derselben. Art und Gattung sind in der Naturgeschichte (in der es nur um die Erzeugung und den Abstamm zu thun ist) an sich nicht unterschieden. In der Naturbeschreibung, da es bloß auf Vergleichung der Merkmale ankommt, findet dieser Unterschied allein statt. Was hier Art heißt, muß dort öfter nur Race genannt werden. | |||||||
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