Kant: AA VIII, Bestimmung des Begriffs einer ... , Seite 099 |
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01 | er zu allmähliger Bevölkerung der verschiedenen Weltstriche tauglich sei, | ||||||
02 | läßt sich verstehen: warum, wenn diese Anlagen sich gelegentlich und diesem | ||||||
03 | gemäß auch verschiedentlich auswickelten, verschiedene Klassen von Menschen | ||||||
04 | entstehen, die auch ihren bestimmten Charakter in der Folge nothwendig | ||||||
05 | in die Zeugung mit jeder andern Klasse bringen mußten, weil er | ||||||
06 | zur Möglichkeit ihrer eigenen Existenz, mithin auch der Möglichkeit der | ||||||
07 | Fortpflanzung der Art gehörte und von der nothwendigen ersten Anlage | ||||||
08 | in der Stammgattung abgeleitet war. Von solchen unausbleiblich und | ||||||
09 | zwar selbst in der Vermischung mit anderen Klassen dennoch halbschlächtig | ||||||
10 | anerbenden Eigenschaften ist man also genöthigt, auf diese ihre Ableitung | ||||||
11 | von einem einigen Stamme zu schließen, weil ohne diesen die Nothwendigkeit | ||||||
12 | des Anartens nicht begreiflich wäre. | ||||||
13 | VI | ||||||
14 | Nur das, was in dem Klassenunterschiede der Menschengattung unausbleiblich |
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15 | anerbt, kann zu der Benennung einer besondern Menschenrace |
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16 | berechtigen. |
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17 | Eigenschaften, die der Gattung selbst wesentlich angehören, mithin | ||||||
18 | allen Menschen als solchen gemein sind, sind zwar unausbleiblich erblich; | ||||||
19 | aber weil darin kein Unterschied der Menschen liegt, so wird auf sie in der | ||||||
20 | Eintheilung der Racen nicht Rücksicht genommen. Physische Charaktere, | ||||||
21 | wodurch sich Menschen (ohne Unterschied des Geschlechts) von einander | ||||||
22 | unterscheiden, und zwar nur die, welche erblich sind, kommen in Betracht | ||||||
23 | (S. § III), um eine Eintheilung der Gattung in Klassen darauf zu gründen. | ||||||
24 | Diese Klassen sind aber nur alsdann Racen zu nennen, wenn jene | ||||||
25 | Charaktere unausbleiblich (sowohl in ebenderselben Klasse, als in Vermischung | ||||||
26 | mit jeder anderen) anarten. Der Begriff einer Race enthält also | ||||||
27 | erstlich den Begriff eines gemeinschaftlichen Stammes, zweitens nothwendig | ||||||
28 | erbliche Charaktere des klassischen Unterschiedes der Abkömmlinge | ||||||
29 | desselben von einander. Durch das letztere werden sichere | ||||||
30 | Unterscheidungsgründe festgesetzt, wornach wir die Gattung in Klassen | ||||||
31 | eintheilen können, die dann wegen des ersteren Punkts, nämlich der Einheit | ||||||
32 | des Stammes, keinesweges Arten, sondern nur Racen heißen | ||||||
33 | müssen. Die Klasse der Weißen ist nicht als besondere Art in der Menschengattung | ||||||
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