Kant: AA VIII, Von der ... , Seite 085

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 führe und ohne dessen Einwilligung gar nicht führen könne: bestätigt sich      
  02 aus gewissen Verbindlichkeiten, die demselben nach allgemeinem Geständnisse      
  03 anhängen. Wäre der Verfasser, nachdem er seine Handschrift dem Verleger      
  04 zum Drucke übergeben und dieser sich dazu verbindlich gemacht hat,      
  05 gestorben: so steht es dem letztern nicht frei, sie als sein Eigenthum zu unterdrücken;      
  06 sondern das Publicum hat in Ermangelung der Erben ein Recht, ihn      
  07 zum Verlage zu nöthigen, oder die Handschrift an einen andern, der sich zum      
  08 Verlage anbietet, abzutreten. Denn einmal war es ein Geschäft, das der      
  09 Autor durch ihn mit dem Publicum treiben wollte, und wozu er sich als      
  10 Geschäftträger erbot. Das Publicum hatte auch nicht nöthig, dieses Versprechen      
  11 des Verfassers zu wissen, noch es zu acceptiren; es erlangt dieses      
  12 Recht an den Verleger (etwas zu prästiren) durchs Gesetz allein. Denn      
  13 jener besitzt die Handschrift nur unter der Bedingung, sie zu einem Geschäfte      
  14 des Autors mit dem Publicum zu gebrauchen; diese Verbindlichkeit      
  15 gegen das Publicum aber bleibt, wenn gleich die gegen den Verfasser      
  16 durch dessen Tod aufgehört hat. Hier wird nicht ein Recht des Publicums      
  17 an der Handschrift, sondern an einem Geschäfte mit dem Autor zum Grunde      
  18 gelegt. Wenn der Verleger das Werk des Autors nach dem Tode desselben      
  19 verstümmelt oder verfälscht herausgäbe, oder es an einer für die Nachfrage      
  20 nöthigen Zahl Exemplare mangeln ließe; so würde das Publicum Befugniß      
  21 haben, ihn zu mehrerer Richtigkeit oder Vergrößerung des Verlags      
  22 zu nöthigen, widrigenfalls aber diesen anderweitig zu besorgen. Welches      
  23 alles nicht statt finden könnte, wenn das Recht des Verlegers nicht von      
  24 einem Geschäfte, das er zwischen dem Autor und dem Publicum im      
  25 Namen des erstern führt, abgeleitet würde.      
           
  26 Dieser Verbindlichkeit des Verlegers, die man vermuthlich zugestehen      
  27 wird, muß aber auch ein darauf gegründetes Recht entsprechen, nämlich      
  28 das Recht zu allem dem, ohne welches jene Verbindlichkeit nicht erfüllt      
  29 werden könnte. Dieses ist: daß er das Verlagsrecht ausschließlich ausübe,      
  30 weil anderer Concurrenz zu seinem Geschäfte die Führung desselben für      
  31 ihn praktisch unmöglich machen würde.      
           
  32 Kunstwerke als Sachen können dagegen nach einem Exemplar      
  33 derselben, welches man rechtmäßig erworben hat, nachgeahmt, abgeformt      
  34 und die Copien derselben öffentlich verkehrt werden, ohne daß es der Einwilligung      
  35 des Urhebers ihres Originals, oder derer, welcher er sich als      
  36 Werkmeister seiner Ideen bedient hat, bedürfe. Eine Zeichnung, die jemand      
  37 entworfen, oder durch einen andern hat in Kupfer stechen, oder in      
           
     

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