Kant: AA VIII, Über die Vulkane im ... , Seite 074 |
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01 | es jetzt abfließt, nämlich vom Meere und dessen uralten Alluvionen. Unter | ||||||
02 | einem allgemeinen Ocean, wie Buffon will, und durch Seeströme im | ||||||
03 | Grunde desselben läßt sich eine Wegwaschung nach einer solchen Regel gar | ||||||
04 | nicht denken: weil unter dem Wasser kein Abfluß nach der Abschüssigkeit | ||||||
05 | des Bodens, die doch hier das Wesentlichste ausmacht, möglich ist*). | ||||||
06 | Die vulkanischen Eruptionen scheinen die spätesten gewesen zu | ||||||
07 | sein, nämlich nachdem die Erde schon auf ihrer Oberfläche fest geworden | ||||||
08 | war. Sie haben auch nicht das Land mit seinem hydraulisch regelmäßigen | ||||||
09 | Bauwerk zum Ablauf der Ströme, sondern etwa nur einzelne Berge gebildet, | ||||||
10 | die in Vergleichung mit dem Gebäude des ganzen festen Landes und | ||||||
11 | seiner Gebirge nur eine Kleinigkeit sind. | ||||||
12 | Der Nutzen nun, den der Gedanke obgedachter berühmter Männer | ||||||
13 | haben kann, und den die Herschelsche Entdeckung, obzwar nur indirect, | ||||||
14 | bestätigt, ist in Ansehung der Kosmogonie von Erheblichkeit: daß nämlich | ||||||
15 | die Weltkörper ziemlich auf ähnliche Art ihre erste Bildung empfangen | ||||||
16 | haben. Sie waren insgesammt anfänglich in flüssigem Zustande; das beweiset | ||||||
17 | ihre kugelrunde und, wo sie sich beobachten läßt, auch nach Maßgabe | ||||||
18 | der Achsendrehung und der Schwere auf ihrer Oberfläche abgeplattete | ||||||
19 | Gestalt. Ohne Wärme aber giebts keine Flüssigkeit. Woher kam nun | ||||||
20 | diese ursprüngliche Wärme? Sie mit Buffon von der Sonnenglut, | ||||||
21 | wovon alle planetische Kugeln nur abgestoßene Brocken wären, abzuleiten, | ||||||
22 | ist nur ein Behelf auf kurze Zeit; denn woher kam die Wärme | ||||||
23 | der Sonne? Wenn man annimmt (welches auch aus andern Gründen | ||||||
24 | sehr wahrscheinlich ist), daß der Urstoff aller Weltkörper in dem ganzen | ||||||
25 | weiten Raume, worin sie sich jetzt bewegen, Anfangs dunstförmig verbreitet | ||||||
26 | gewesen, und sich daraus nach Gesetzen zuerst der chemischen, hernach und | ||||||
27 | vornehmlich der kosmologischen Attraction gebildet haben: so geben Crawfords | ||||||
28 | Entdeckungen einen Wink, mit der Bildung der Weltkörper zugleich | ||||||
29 | die Erzeugung so großer Grade der Hitze, als man selbst will, begreiflich | ||||||
30 | zu machen. Denn wenn das Element der Wärme für sich im Weltraum | ||||||
31 | allerwärts gleichförmig ausgebreitet ist, sich aber nur an verschiedene | ||||||
*) Der Lauf der Ströme scheint mir der eigentliche Schlüssel der Erdtheorie zu sein. Denn dazu wird erfordert: daß das Land erstlich durch Landrücken gleichsam in Teiche abgetheilt sei; zweitens, daß der Boden, auf welchem diese Teiche ihr Wasser einander mittheilen, um es endlich in einem Kanal abzuführen, von dem Wasser selbst gebauet und geformt worden, welches sich nach und nach von den höheren Bassins bis zum niedrigsten zurückzog, nämlich vom Meere. | |||||||
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