Kant: AA VIII, Über die Vulkane im ... , Seite 073 |
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01 | geschwinde krystallisirten oder verhärteten, z. B. Hornstein und ursprünglicher | ||||||
02 | Kalk, davon geschieden worden, aus Granit; auf welchen, da die | ||||||
03 | Ebullition an demselben Orte immer schwächer, mithin niedriger ward, | ||||||
04 | sich die letztern als ausgewaschene Materien in stufenartiger Ordnung | ||||||
05 | nach ihrer mindern Schwere oder Auflösungsfähigkeit im Wasser niederließen. | ||||||
06 | Also war die erste bildende Ursache der Unebenheiten der Oberfläche | ||||||
07 | eine atmosphärische Ebullition, die ich aber lieber chaotisch nennen | ||||||
08 | möchte, um den ersten Anfang derselben zu bezeichnen. | ||||||
09 | Auf diese, muß man sich vorstellen, hat eine pelagische Alluvion | ||||||
10 | nach und nach Materien, die größtentheils schon Meergeschöpfe enthielten, | ||||||
11 | geschichtet. Denn jene chaotische Kraters, wo deren eine Menge gleichsam | ||||||
12 | gruppirt war, bildeten weit ausgebreitete Erhöhungen über andere Gegenden, | ||||||
13 | woselbst die Ebullition nicht so heftig gewesen war. Aus jenen | ||||||
14 | ward Land mit seinen Gebirgen, aus diesen Seegrund. Indem nun das | ||||||
15 | überflüssige Krystallisationswasser aus jenen Bassins ihre Ränder durchwusch, | ||||||
16 | und ein Bassin sein Wasser in das andere, alle aber zu dem niedrigen | ||||||
17 | Theil der sich eben formenden Erdfläche (nämlich dem Meere) ablaufen | ||||||
18 | ließ: so bildete es die Pässe für die künftigen Ströme, welche man noch | ||||||
19 | mit Verwunderung zwischen steilen Felswänden, denen sie jetzt nichts anhaben | ||||||
20 | können, durchgehen und das Meer suchen sieht. Dieses wäre also | ||||||
21 | die Gestalt des Skelets von der Erdoberfläche, sofern sie aus Granit besteht, | ||||||
22 | der unter allen Flötzschichten fortgeht, welche die folgenden pelagischen | ||||||
23 | Alluvionen auf jenen aufgesetzt haben. Aber eben darum mußte die Gestalt | ||||||
24 | der Länder selbst da, wo die neuern Schichten den in der Tiefe befindlichen | ||||||
25 | alten Granit ganz bedecken, doch auch kraterförmig werden, weil ihr | ||||||
26 | Grundlager so gebildet war. Daher kann man auf einer Karte (worauf | ||||||
27 | keine Gebirge gezeichnet sind) die Landrücken ziehen, wenn man durch | ||||||
28 | die Quellen der Ströme, die einem großen Flusse zufallen, eine fortgehende | ||||||
29 | Linie zeichnet, die jederzeit einen Kreis als Bassin des Stromes einschließen | ||||||
30 | wird. | ||||||
31 | Da das Becken des Meeres vermuthlich immer mehr vertieft wurde | ||||||
32 | und alle aus obigen Bassins ablaufende Wasser nach sich zog: so wurden | ||||||
33 | nun dadurch die Flußbetten und der ganze jetzige Bau des Landes erzeugt, | ||||||
34 | der die Vereinigung der Wasser aus so vielen Bassins in einen Kanal | ||||||
35 | möglich macht. Denn es ist nichts natürlicher, als daß das Bette, worin | ||||||
36 | ein Strom jetzt das Wasser von großen Ländern abführt, eben von demjenigen | ||||||
37 | Wasser und dem Rückzuge desselben ausgespült worden, zu welchem | ||||||
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