Kant: AA VIII, Über die Vulkane im ... , Seite 075 |
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01 | Materien in dem Maße hängt, als sie es verschiedentlich anziehen; wenn, | ||||||
02 | wie er beweiset, dunstförmig ausgebreitete Materien weit mehr Elementarwärme | ||||||
03 | in sich fassen und auch zu einer dunstförmigen Verbreitung bedürfen, | ||||||
04 | als sie halten können, sobald sie in den Zustand dichter Massen übergehen, | ||||||
05 | d. i. sich zu Weltkugeln vereinigen: so müssen diese Kugeln ein Überma | ||||||
06 | von Warmmaterie über das natürliche Gleichgewicht mit der Warmmaterie | ||||||
07 | im Raume, worin sie sich befinden, enthalten; d. i. ihre relative Wärme in | ||||||
08 | Ansehung des Weltraums wird angewachsen sein. (So verliert Vitriolsaure | ||||||
09 | Luft, wenn sie das Eis berührt, auf einmal ihren dunstartigen Zustand, | ||||||
10 | und dadurch vermehrt sich die Wärme in solchem Maße, daß das Eis | ||||||
11 | im Augenblick schmilzt.) Wie groß der Anwachs sein möge, darüber haben | ||||||
12 | wir keine Eröffnung; doch scheint das Maß der ursprünglichen Verdünnung | ||||||
13 | der Grad der nachmaligen Verdichtung und die Kürze der Zeit derselben | ||||||
14 | hier in Anschlag zu kommen. Da die letztere nun auf den Grad der Anziehung, | ||||||
15 | die den zerstreuten Stoff vereinigte, diese aber auf die Quantität | ||||||
16 | der Materie des sich bildenden Weltkörpers ankommt: so mußte die Größe | ||||||
17 | der Erhitzung der letzteren auch proportionirlich sein. Auf die Weise | ||||||
18 | würden wir einsehen, warum der Centralkörper (als die größte Masse in | ||||||
19 | jedem Weltsystem) auch die größte Hitze haben und allerwärts eine Sonne | ||||||
20 | sein könne; imgleichen mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen, daß die | ||||||
21 | höhern Planeten, weil sie theils meistens größer sind, theils aus verdünnterem | ||||||
22 | Stoffe gebildet worden als die niedrigern, mehr innere Wärme | ||||||
23 | als diese haben können, welche sie auch (da sie von der Sonne beinahe nur | ||||||
24 | Licht genug zum sehen bekommen) zu bedürfen scheinen. Auch würde | ||||||
25 | uns die gebirgichte Bildung der Oberflächen der Weltkörper, auf welche | ||||||
26 | unsere Beobachtung reicht, der Erde, des Mondes und der Venus, aus | ||||||
27 | atmosphärischen Eruptionen ihrer ursprünglich erhitzten chaotisch=flüssigen | ||||||
28 | Masse als ein ziemlich allgemeines Gesetz erscheinen. Endlich würden die | ||||||
29 | vulkanischen Eruptionen aus der Erde, dem Monde und sogar der Sonne | ||||||
30 | (deren Kraters Wilson in den Flecken derselben sah, indem er ihre | ||||||
31 | Erscheinungen, wie Huygens die des Saturnringes sinnreich untereinander | ||||||
32 | verglich) ein allgemeines Princip der Ableitung und Erklärung | ||||||
33 | bekommen. | ||||||
34 | Wollte man hier den Tadel, den ich oben in Buffons Erklärungsart | ||||||
35 | fand, auf mich zurückschieben und fragen: woher kam denn die erste | ||||||
36 | Bewegung jener Atomen im Weltraume? So würde ich antworten: daß ich | ||||||
37 | mich dadurch nicht anheischig gemacht habe, die erste aller Naturveränderungen | ||||||
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