Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 176 |
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01 | nicht für Offenbarungen aus einer unsichtbaren Welt annehmen. | ||||||
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03 | B. |
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04 | Von dem sinnlichen Dichtungsvermögen der |
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05 | Beigesellung. |
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06 | Das Gesetz der Association ist: empirische Vorstellungen, die nach | ||||||
07 | einander oft folgen, bewirken eine Angewohnheit im Gemüth, wenn die | ||||||
08 | eine erzeugt wird, die andere auch entstehen zu lassen. - Eine physiologische | ||||||
09 | Erklärung hievon zu fordern, ist vergeblich; man mag sich auch hiezu was | ||||||
10 | immer für einer Hypothese bedienen (die selbst wiederum eine Dichtung | ||||||
11 | ist), wie der des Cartesius von seinen sogenannten materiellen Ideen im | ||||||
12 | Gehirn. Wenigstens ist keine dergleichen Erklärung pragmatisch, d. i. | ||||||
13 | man kann sie zu keiner Kunstausübung brauchen: weil wir keine Kenntniß | ||||||
14 | vom Gehirn und den Plätzen in demselben haben, worin die Spuren der | ||||||
15 | Eindrücke aus Vorstellungen sympathetisch mit einander in Einklang | ||||||
16 | kommen möchten, indem sie sich einander (wenigstens mittelbar) gleichsam | ||||||
17 | berühren. | ||||||
18 | Diese Nachbarschaft geht öfters sehr weit, und die Einbildungskraft | ||||||
19 | geht vom Hundertsten aufs Tausendste oft so schnell, daß es scheint, man | ||||||
20 | habe gewisse Zwischenglieder in der Kette der Vorstellungen gar übersprungen, | ||||||
21 | obgleich man sich ihrer nur nicht bewußt geworden ist, so daß | ||||||
22 | man sich selbst öfters fragen muß: wo war ich? von wo war ich in meinem | ||||||
23 | Gespräch ausgegangen, und wie bin ich zu diesem Endpunkte gelangt?*) | ||||||
24 | C. |
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25 | Das sinnliche Dichtungsvermögen der Verwandtschaft. |
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26 | Ich verstehe unter der Verwandtschaft die Vereinigung aus der | ||||||
27 | Abstammung des Mannigfaltigen von einem Grunde. - In einer gesellschaftlichen | ||||||
*) Daher muß der, welcher einen gesellschaftlichen Discours anhebt, von dem, was ihm nahe und gegenwärtig ist, anfangen und so allmählig auf das Entferntere, so wie es interessiren kann, hinleiten. Das böse Wetter ist für den, der von der Straße in eine zur wechselseitigen Unterhaltung versammelte Gesellschaft tritt, hiezu ein guter und gewöhnlicher Behelf. Denn etwa von den Nachrichten aus der Türkei, die eben in den Zeitungen stehen, wenn man ins Zimmer tritt, anzufangen, thut der Einbildungskraft anderer Gewalt an, die nicht sehen, was ihn darauf gebracht [Seitenumbruch] habe. Das Gemüth verlangt zu aller Mittheilung der Gedanken eine gewisse Ordnung, wobei es auf die einleitenden Vorstellungen und den Anfang eben sowohl im Discurse, wie in einer Predigt sehr ankommt. | |||||||
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