Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 168

   
         
 

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  01 ist dennoch darum eben nicht schöpferisch, nämlich nicht vermögend, eine    
  02 Sinnenvorstellung, die vorher unserem Sinnesvermögen nie gegeben war,    
  03 hervorzubringen, sondern man kann den Stoff zu derselben immer nachweisen.    
  04 Dem, der unter den sieben Farben die rothe nie gesehen hätte,    
  05 kann man diese Empfindung nie faßlich machen, dem Blindgebornen aber    
  06 gar keine; selbst nicht die Mittelfarbe, die aus der Vermischung zweier    
  07 hervorgebracht wird; z. B. die grüne. Gelb und blau, mit einander gemischt,    
  08 geben grün; aber die Einbildungskraft würde nicht die mindeste    
  09 Vorstellung von dieser Farbe, ohne sie vermischt gesehen zu haben, hervorbringen.    
         
  11 Eben so ist es mit jedem besonderen aller fünf Sinne bewandt, daß    
  12 nämlich die Empfindungen aus denselben in ihrer Zusammensetzung nicht    
  13 durch die Einbildungskraft können gemacht, sondern ursprünglich dem    
  14 Sinnesvermögen abgelockt werden müssen. Es hat Leute gegeben, die für    
  15 die Lichtsvorstellung keinen größeren Vorrath in ihrem Sehevermögen    
  16 hatten, als weiß oder schwarz, und für die, ob sie gleich gut sehen konnten,    
  17 die sichtbare Welt nur wie ein Kupferstich erschien. Eben so giebt es mehr    
  18 Leute, als man wohl glaubt, die von gutem, ja sogar äußerst feinem, aber    
  19 schlechterdings nicht musikalischem Gehör sind, deren Sinn für Töne, nicht    
  20 blos um sie nachzumachen (zu Singen), sondern auch nur vom bloßen    
  21 Schall zu unterscheiden, ganz unempfänglich ist. - Eben so mag es mit    
  22 den Vorstellungen des Geschmacks und Geruchs bewandt sein, daß nämlich    
  23 für manche specifische Empfindungen dieser Stoffe des Genusses der    
  24 Sinn mangelt, und einer den anderen hierüber zu verstehen glaubt, indessen    
  25 daß die Empfindungen des einen von denen des anderen nicht blos    
  26 dem Grade nach, sondern specifisch ganz und gar unterschieden sein mögen.    
  27 - Es giebt Leute, denen der Sinn des Geruchs gänzlich mangelt, die die    
  28 Empfindung des Einziehens der reinen Luft durch die Nase für Geruch    
  29 halten und daher aus allen Beschreibungen, die man ihnen von dieser Art    
  30 zu empfinden machen mag, nicht klug werden können; wo aber der Geruch    
  31 mangelt, da fehlt es auch sehr am Geschmack, den, wo er nicht ist, zu    
  32 lehren und beizubringen vergebliche Arbeit ist. Der Hunger aber und die    
  33 Befriedigung desselben (die Sättigung) ist ganz was anders als der Geschmack.    
         
  35 Wenn also gleich die Einbildungskraft eine noch so große Künstlerin,    
  36 ja Zauberin ist, so ist sie doch nicht schöpferisch, sondern muß den Stoff    
  37 zu ihren Bildungen von den Sinnen hernehmen. Diese aber sind nach    
         
     

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