Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 142

   
         
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

Verknüpfungen:

 

 

 
  01 der empirischen inneren Anschauung, das Ich der Apprehension, (folglich    
  02 eine empirische Apperception) enthält.    
         
  03 Ich, als denkendes Wesen, bin zwar mit Mir, als Sinnenwesen, ein    
  04 und dasselbe Subject; aber als Object der inneren empirischen Anschauung,    
  05 d. i. so fern ich innerlich von Empfindungen in der Zeit, so wie sie zugleich    
  06 oder nach einander sind, afficirt werde, erkenne ich mich doch nur, wie ich    
  07 mir selbst erscheine, nicht als Ding an sich selbst. Denn es hängt doch von    
  08 der Zeitbedingung, welche kein Verstandesbegriff (mithin nicht bloße    
  09 Spontaneität) ist, folglich von einer Bedingung ab, in Ansehung deren    
  10 mein Vorstellungsvermögen leidend ist (und gehört zur Receptivität).    
  11 Daher erkenne ich mich durch innere Erfahrung immer nur, wie ich mir    
  12 erscheine; welcher Satz dann oft böslicherweise so verdreht wird, daß er    
  13 so viel sagen wolle: es scheine mir nur ( mihi videri ), daß ich gewisse    
  14 Vorstellungen und Empfindungen habe, ja überhaupt daß ich existire.    
  15 Der Schein ist der Grund zu einem irrigen Urtheil aus subjectiven Ursachen,    
  16 die fälschlich für objectiv gehalten werden; Erscheinung ist aber gar    
  17 kein Urtheil, sondern blos empirische Anschauung, die durch Reflexion und    
  18 den daraus entspringenden Verstandesbegriff zur inneren Erfahrung und    
  19 hiemit Wahrheit wird.    
         
  20 Daß die Wörter innerer Sinn und Apperception von den    
  21 Seelenforschern gemeinhin für gleichbedeutend genommen werden, unerachtet    
  22 der erstere allein ein psychologisches (angewandtes), die zweite aber    
  23 blos ein logisches (reines) Bewußtsein anzeigen soll, ist die Ursache dieser    
  24 Irrungen. Daß wir aber durch den ersteren uns nur erkennen können,    
  25 wie wir uns erscheinen, erhellt daraus, weil Auffassung ( apprehensio )    
  26 der Eindrücke des ersteren eine formale Bedingung der inneren Anschauung    
  27 des Subjects, nämlich die Zeit, voraussetzt, welche kein Verstandesbegriff    
  28 ist und also blos als subjective Bedingung gilt, wie nach der Beschaffenheit    
  29 der menschlichen Seele uns innere Empfindungen gegeben werden,    
  30 also diese uns nicht, wie das Object an sich ist, zu erkennen giebt.    
         
  31 Diese Anmerkung gehört eigentlich nicht zur Anthropologie. In dieser    
  32 sind nach Verstandesgesetzen vereinigte Erscheinungen Erfahrungen, und    
  33 da wird nach der Vorstellungsart der Dinge, wie sie auch ohne ihr Verhältniß    
  34 zu den Sinnen in Betrachtung zu ziehen (mithin an sich selbst)    
         
     

[ Seite 141 ] [ Seite 143 ] [ Inhaltsverzeichnis ]