Kant: AA VII, Der Streit der ... , Seite 108 |
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01 | bringen, die durch ihren Reiz das Geräder zur Blutbewegung im Umlauf | ||||||
02 | zu erhalten beförderlich sind. | ||||||
03 | Das Wasser braucht aber bei alten Leuten längere Zeit, um, ins Blut | ||||||
04 | aufgenommen, den langen Gang seiner Absonderung von der Blutmasse | ||||||
05 | durch die Nieren zur Harnblase zu machen, wenn es nicht dem Blute assimilirte | ||||||
06 | Theile (dergleichen der Wein ist), und die einen Reiz der Blutgefäße | ||||||
07 | zum Fortschaffen bei sich führen, in sich enthält; welcher letztere aber alsdann | ||||||
08 | als Medicin gebraucht wird, dessen künstlicher Gebrauch eben darum | ||||||
09 | eigentlich nicht zur Diätetik gehört. Der Anwandelung des Appetits zum | ||||||
10 | Wassertrinken (dem Durst), welche großentheils nur Angewohnheit ist, | ||||||
11 | nicht sofort nachzugeben, und ein hierüber genommener fester Vorsatz | ||||||
12 | bringt diesen Reiz in das Maß des natürlichen Bedürfnisses des den festen | ||||||
13 | Speisen beizugebenden Flüssigen, dessen Genuß in Menge im Alter selbst | ||||||
14 | durch den Naturinstinct geweigert wird. Man schläft auch nicht gut, wenigstens | ||||||
15 | nicht tief bei dieser Wasserschwelgerei, weil die Blutwärme dadurch | ||||||
16 | vermindert wird. | ||||||
17 | Es ist oft gefragt worden: ob, gleich wie in 24 Stunden nur Ein | ||||||
18 | Schlaf, so auch in eben so viel Stunden nur Eine Mahlzeit nach diätetischer | ||||||
19 | Regel verwilligt werden könne, oder ob es nicht besser (gesunder) | ||||||
20 | sei, dem Appetit am Mittagstische etwas abzubrechen, um dafür auch zu | ||||||
21 | Nacht essen zu können. Zeitkürzender ist freilich das letztere. - Das letztere | ||||||
22 | halte ich auch in den sogenannten besten Lebensjahren (dem Mittelalter) | ||||||
23 | für zuträglicher; das erstere aber im späteren Alter. Denn da das Stadium | ||||||
24 | für die Operation der Gedärme zum Behuf der Verdauung im Alter ohne | ||||||
25 | Zweifel langsamer abläuft, als in jüngeren Jahren, so kann man glauben, | ||||||
26 | daß ein neues Pensum (in einer Abendmahlzeit) der Natur aufzugeben, | ||||||
27 | indessen daß das erstere Stadium der Verdauung noch nicht abgelaufen | ||||||
28 | ist, der Gesundheit nachtheilig werden müsse. - Auf solche Weise kann | ||||||
29 | man den Anreiz zum Abendessen nach einer hinreichenden Sättigung des | ||||||
30 | Mittags für ein krankhaftes Gefühl halten, dessen man durch einen festen | ||||||
31 | Vorsatz so Meister werden kann, daß auch die Anwandelung desselben nachgerade | ||||||
32 | nicht mehr verspürt wird. | ||||||
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