Kant: AA VII, Der Streit der ... , Seite 081 |
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01 | 3. |
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02 | Eintheilung des Begriffs von dem, was man für die Zukunft |
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03 | vorherwissen will. |
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04 | Der Fälle, die eine Vorhersagung enthalten können, sind drei. Das | ||||||
05 | menschliche Geschlecht ist entweder im continuirlichen Rückgange zum | ||||||
06 | Argeren, oder im beständigen Fortgange zum Besseren in seiner moralischen | ||||||
07 | Bestimmung, oder im ewigen Stillstande auf der jetzigen | ||||||
08 | Stufe seines sittlichen Werths unter den Gliedern der Schöpfung (mit | ||||||
09 | welchem die ewige Umdrehung im Kreise um denselben Punkt einerlei ist). | ||||||
10 | Die erste Behauptung kann man den moralischen Terrorismus, | ||||||
11 | die zweite den Eudämonismus (der, das Ziel des Fortschreitens im | ||||||
12 | weiten Prospect gesehen, auch Chiliasmus genannt werden würde), die | ||||||
13 | dritte aber den Abderitismus nennen: weil, da ein wahrer Stillstand | ||||||
14 | im moralischen nicht möglich ist, ein beständig wechselndes Steigen und | ||||||
15 | eben so öfteres und tiefes Zurückfallen (gleichsam ein ewiges Schwanken) | ||||||
16 | nichts mehr austrägt, als ob das Subject auf derselben Stelle und im | ||||||
17 | Stillstande geblieben wäre. | ||||||
18 | a. |
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19 | Von der terroristischen Vorstellungsart der Menschengeschichte. |
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21 | Der Verfall ins Ärgere kann im menschlichen Geschlechte nicht beständig | ||||||
22 | fortwährend sein; denn bei einem gewissen Grade desselben würde | ||||||
23 | es sich selbst aufreiben. Daher beim Anwachs großer, wie Berge sich aufthürmenden | ||||||
24 | Greuelthaten und ihnen angemessenen Übel gesagt wird: nun | ||||||
25 | kann es nicht mehr ärger werden; der jüngste Tag ist vor der Thür, und | ||||||
26 | der fromme Schwärmer träumt nun schon von der Wiederbringung aller | ||||||
27 | Dinge und einer erneuerten Welt, nachdem diese im Feuer untergegangen | ||||||
28 | ist. | ||||||
29 | b. |
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30 | Von der eudämonistischen Vorstellungsart der Menschengeschichte. |
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32 | Daß die Masse des unserer Natur angearteten Guten und Bösen in | ||||||
33 | der Anlage immer dieselbe bleibe und in demselben Individuum weder | ||||||
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