Kant: AA VII, Der Streit der ... , Seite 051

   
         
 

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  01 ihrer Glaubenslehre in Glauben an Sätze und Observanzen, von    
  02 denen ihnen die Vernunft nichts sagt, und welche zu bekennen und zu    
  03 beobachten der schlechteste, nichtswürdigste Mensch in eben demselben grade    
  04 tauglich ist als der beste, zu setzen bedacht sind: sie mögen auch einen noch    
  05 so großen Nachtrapp von Tugenden, als die aus der wundervollen Kraft    
  06 der ersteren entsprängen (mithin ihre eigene Wurzel nicht haben), anhängen,    
  07 als sie immer wollen.    
         
  08 Von dem Punkte also, wo der Kirchenglaube anfängt, für sich selbst    
  09 mit Autorität zu sprechen, ohne auf seine Rectification durch den reinen    
  10 Religionsglauben zu achten, hebt auch die Sectirerei an; denn da dieser    
  11 (als praktischer Vernunftglaube) seinen Einfluß auf die menschliche Seele    
  12 nicht verlieren kann, der mit dem Bewußtsein der Freiheit verbunden ist,    
  13 indessen daß der Kirchenglaube über die Gewissen Gewalt ausübt: so sucht    
  14 ein jeder etwas für seine eigene Meinung in den Kirchenglauben hinein    
  15 oder aus ihm heraus zu bringen.    
         
  16 Diese Gewalt veranlaßt entweder bloße Absonderung von der Kirche    
  17 (Separatism), d. i. Enthaltung von der öffentlichen Gemeinschaft mit ihr,    
  18 oder öffentliche Spaltung der in Ansehung der kirchlichen Form Andersdenkenden,    
  19 ob sie zwar der Materie nach sich zu eben derselben bekennen    
  20 (Schismatiker), oder Zusammentretung der Dissidenten in Ansehung gewisser    
  21 Glaubenslehren in besondere, nicht immer geheime, aber doch vom    
  22 Staat nicht sanctionirte Gesellschaften (Sectirer), deren einige noch besondere,    
  23 nicht fürs große Publicum gehörende, geheime Lehren aus eben    
  24 demselben Schatz her holen (gleichsam Clubbisten der Frömmigkeit), endlich    
  25 auch falsche Friedensstifter, die durch die Zusammenschmelzung verschiedener    
  26 Glaubensarten allen genug zu thun meinen (Synkretisten); die dann    
  27 noch schlimmer sind als Sectirer, weil Gleichgültigkeit in Ansehung der    
  28 Religion überhaupt zum Grunde liegt und, weil einmal doch ein Kirchenglaube    
  29 im Volk sein müsse, einer so gut wie der andere sei, wenn er sich nur    
  30 durch die Regierung zu ihren Zwecken gut handhaben läßt; ein Grundsatz,    
  31 der im Munde des Regenten, als eines solchen, zwar ganz richtig, auch    
  32 sogar weise ist, im Urtheile des Unterthanen selbst aber, der diese Sache    
  33 aus seinem eigenen und zwar moralischen Interesse zu erwägen hat, die    
  34 äußerste Geringschätzung der Religion verrathen würde; indem, wie selbst    
  35 das Vehikel der Religion beschaffen sei, was jemand in seinen Kirchenglauben    
  36 aufnimmt, für die Religion keine gleichgültige Sache ist.    
         
  37 In Ansehung der Sectirerei (welche auch wohl ihr Haupt bis zur    
         
     

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