Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 354

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
Beschluß.
     
           
  02 Wenn jemand nicht beweisen kann, daß ein Ding ist, so mag er versuchen      
  03 zu beweisen, daß es nicht ist. Will es ihm mit keinem von beiden      
  04 gelingen (ein Fall, der oft eintritt), so kann er noch fragen: ob es ihn      
  05 interessire, das Eine oder das Andere (durch eine Hypothese) anzunehmen,      
  06 und dies zwar entweder in theoretischer, oder in praktischer      
  07 Rücksicht, d. i. entweder um sich bloß ein gewisses Phänomen (wie z. B.      
  08 für den Astronom das des Rückganges und Stillstandes der Planeten)      
  09 zu erklären, oder um einen gewissen Zweck zu erreichen, der nun wiederum      
  10 entweder pragmatisch (bloßer Kunstzweck) oder moralisch, d. i. ein      
  11 solcher Zweck sein kann, den sich zu setzen die Maxime selbst Pflicht ist.      
  12 - Es versteht sich von selbst: daß nicht das Annehmen ( suppositio ) der      
  13 Ausführbarkeit jenes Zwecks, welches ein bloß theoretisches und dazu noch      
  14 problematisches Urtheil ist, hier zur Pflicht gemacht werde, denn dazu      
  15 (etwas zu glauben) giebts keine Verbindlichkeit; sondern das Handeln      
  16 nach der Idee jenes Zwecks, wenn auch nicht die mindeste theoretische      
  17 Wahrscheinlichkeit da ist, daß er ausgeführt werden könne, dennoch aber      
  18 seine Unmöglichkeit gleichfalls nicht demonstrirt werden kann, das ist es,      
  19 wozu uns eine Pflicht obliegt.      
           
  20 Nun spricht die moralisch=praktische Vernunft in uns ihr unwiderstehliches      
  21 veto aus: Es soll kein Krieg sein; weder der, welcher zwischen      
  22 mir und Dir im Naturzustande, noch zwischen uns als Staaten, die, obzwar      
  23 innerlich im gesetzlichen, doch äußerlich (in Verhältniß gegen einander)      
  24 im gesetzlosen Zustande sind; - denn das ist nicht die Art, wie      
  25 jedermann sein Recht suchen soll. Also ist nicht mehr die Frage: ob der      
  26 ewige Friede ein Ding oder Unding sei, und ob wir uns nicht in unserem      
  27 theoretischen Urtheile betrügen, wenn wir das erstere annehmen,      
  28 sondern wir müssen so handeln, als ob das Ding sei, was vielleicht nicht      
  29 ist, auf Begründung desselben und diejenige Constitution, die uns dazu      
  30 die tauglichste scheint (vielleicht den Republicanism aller Staaten sammt      
  31 und sonders) hinwirken, um ihn herbei zu führen und dem heillosen Kriegführen,      
  32 worauf als den Hauptzweck bisher alle Staaten ohne Ausnahme      
  33 ihre innere Anstalten gerichtet haben, ein Ende zu machen. Und wenn      
  34 das letztere, was die Vollendung dieser Absicht betrifft, auch immer ein      
           
     

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