Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 345 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | aber der Substanz nach selbst gemacht hat, davon hat er ein unbestrittenes | ||||||
| 02 | Eigenthum. - Hier ist also die Deduction, so wie sie ein bloßer Jurist | ||||||
| 03 | abfassen würde. | ||||||
| 04 | Es giebt mancherlei Naturproducte in einem Lande, die doch, was | ||||||
| 05 | die Menge derselben von einer gewissen Art betrifft, zugleich als Gemächsel | ||||||
| 06 | ( artefacta ) des Staats angesehen werden müssen, weil das | ||||||
| 07 | Land sie in solcher Menge nicht liefern würde, wenn es nicht einen Staat | ||||||
| 08 | und eine ordentliche machthabende Regierung gäbe, sondern die Bewohner | ||||||
| 09 | im Stande der Natur wären. - Haushühner (die nützlichste Art des Geflügels), | ||||||
| 10 | Schafe, Schweine, das Rindergeschlecht u. a. m. würden entweder | ||||||
| 11 | aus Mangel an Futter, oder der Raubthiere wegen in dem Lande, | ||||||
| 12 | wo ich lebe, entweder gar nicht, oder höchst sparsam anzutreffen sein, wenn | ||||||
| 13 | es darin nicht eine Regierung gäbe, welche den Einwohnern ihren Erwerb | ||||||
| 14 | und Besitz sicherte. - Eben das gilt auch von der Menschenzahl, die eben | ||||||
| 15 | so wie in den amerikanischen Wüsten, ja selbst dann, wenn man diesen | ||||||
| 16 | den größten Fleiß (den jene nicht haben) beilegte, nur gering sein kann. | ||||||
| 17 | Die Einwohner würden nur sehr dünn gesäet sein, weil keiner derselben | ||||||
| 18 | sich mit sammt seinem Gesinde auf einem Boden weit verbreiten könnte, | ||||||
| 19 | der immer in Gefahr ist, von Menschen oder wilden und Raubthieren | ||||||
| 20 | verwüstet zu werden; mithin sich für eine so große Menge von Menschen, | ||||||
| 21 | als jetzt auf einem Lande leben, kein hinlänglicher Unterhalt finden würde. | ||||||
| 22 | - - So wie man nun von Gewächsen (z. B. den Kartoffeln) und von | ||||||
| 23 | Hausthieren, weil sie, was die Menge betrifft, ein Machwerk der Menschen | ||||||
| 24 | sind, sagen kann, daß man sie gebrauchen, verbrauchen und verzehren | ||||||
| 25 | (tödten lassen) kann: so, scheint es, könne man auch von der obersten Gewalt | ||||||
| 26 | im Staat, dem Souverän sagen, er habe das Recht, seine Unterthanen, | ||||||
| 27 | die dem größten Theil nach sein eigenes Product sind, in den Krieg | ||||||
| 28 | wie auf eine Jagd und zu einer Feldschlacht wie auf eine Lustpartie zu | ||||||
| 29 | führen. | ||||||
| 30 | Dieser Rechtsgrund aber (der vermuthlich den Monarchen auch dunkel | ||||||
| 31 | vorschweben mag) gilt zwar freilich in Ansehung der Thiere, die ein | ||||||
| 32 | Eigenthum des Menschen sein können, will sich aber doch schlechterdings | ||||||
| 33 | nicht auf den Menschen, vornehmlich als Staatsbürger, anwenden lassen, | ||||||
| 34 | der im Staat immer als mitgesetzgebendes Glied betrachtet werden mu | ||||||
| 35 | (nicht bloß als Mittel, sondern auch zugleich als Zweck an sich selbst), | ||||||
| 36 | und der also zum Kriegführen nicht allein überhaupt, sondern auch zu | ||||||
| 37 | jeder besondern Kriegserklärung vermittelst seiner Repräsentanten seine | ||||||
| [ Seite 344 ] [ Seite 346 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||