Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 343

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
Des
     
  02
öffentlichen Rechts
     
           
  03

Zweiter Abschnitt.

     
  04

Das Völkerrecht.

     
           
  05
§ 53.
     
           
  06 Die Menschen, welche ein Volk ausmachen, können als Landeseingeborne      
  07 nach der Analogie der Erzeugung von einem gemeinschaftlichen      
  08 Elterstamm ( congeniti ) vorgestellt werden, ob sie es gleich nicht sind:      
  09 dennoch aber in intellectueller und rechtlicher Bedeutung, als von einer      
  10 gemeinschaftlichen Mutter (der Republik) geboren, gleichsam eine Familie      
  11 ( gens, natio ) ausmachen, deren Glieder (Staatsbürger) alle ebenbürtig      
  12 sind und mit denen, die neben ihnen im Naturzustande leben möchten, als      
  13 unedlen keine Vermischung eingehen, obgleich diese (die Wilden) ihrerseits      
  14 sich wiederum wegen der gesetzlosen Freiheit, die sie gewählt haben,      
  15 vornehmer dünken, die gleichfalls Völkerschaften, aber nicht Staaten      
  16 ausmachen. Das Recht der Staaten in Verhältniß zu einander [ welches      
  17 nicht ganz richtig im Deutschen das Völkerrecht genannt wird, sondern      
  18 vielmehr das Staatenrecht ( ius publicum civitatum ) heißen sollte ] ist      
  19 nun dasjenige, was wir unter dem Namen des Völkerrechts zu betrachten      
  20 haben: wo ein Staat, als eine moralische Person, gegen einen anderen im      
  21 Zustande der natürlichen Freiheit, folglich auch dem des beständigen      
  22 Krieges betrachtet, theils das Recht zum Kriege, theils das im Kriege,      
  23 theils das, einander zu nöthigen, aus diesem Kriegszustande herauszugehen,      
  24 mithin eine den beharrlichen Frieden gründende Verfassung,      
  25 d. i. das Recht nach dem Kriege, zur Aufgabe macht, und führt nur      
  26 das Unterscheidende von dem des Naturzustandes einzelner Menschen      
  27 oder Familien (im Verhältniß gegen einander) von dem der Völker bei      
  28 sich, daß im Völkerrecht nicht bloß ein Verhältniß eines Staats gegen      
  29 den anderen im Ganzen, sondern auch einzelner Personen des einen gegen      
           
     

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