Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 288 |
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| 01 | daß die letztere nicht in einer zum leichten und sicheren Verkehr hinreichenden | ||||||
| 02 | Menge da sei, plötzlich verschwindet und den Ausfall der Zahlung | ||||||
| 03 | unvermeidlich macht. - So ist der Erwerbfleiß derer, welche die Gold | ||||||
| 04 | und Silberbergwerke in Peru oder Neumexico anbauen, vornehmlich bei | ||||||
| 05 | den so vielfältig mißlingenden Versuchen eines vergeblich angewandten | ||||||
| 06 | Fleißes im Aufsuchen der Erzgänge, wahrscheinlich noch größer, als der | ||||||
| 07 | auf Verfertigung der Waaren in Europa verwendete und würde als unvergolten, | ||||||
| 08 | mithin von selbst nachlassend, jene Länder bald in Armuth | ||||||
| 09 | sinken lassen, wenn nicht der Fleiß Europens dagegen, eben durch diese | ||||||
| 10 | Materialien gereizt, sich proportionirlich zugleich erweiterte, um bei jenen | ||||||
| 11 | die Lust zum Bergbau durch ihnen angebotene Sachen des Luxus beständig | ||||||
| 12 | rege zu erhalten: so daß immer Fleiß gegen Fleiß in Concurrenz | ||||||
| 13 | kommen. | ||||||
| 14 | Wie ist es aber möglich, daß das, was anfänglich Waare war, endlich | ||||||
| 15 | Geld ward? Wenn ein großer und machthabender Verthuer einer Materie, | ||||||
| 16 | die er anfangs bloß zum Schmuck und Glanz seiner Diener (des Hofes) | ||||||
| 17 | brauchte (z. B. Gold, Silber, Kupfer, oder eine Art schöner Muschelschalen, | ||||||
| 18 | Kauris, oder auch wie in Kongo eine Art Matten, Makuten | ||||||
| 19 | genannt, oder wie am Senegal Eisenstangen und auf der Guineaküste | ||||||
| 20 | selbst Negersklaven), d. i. wenn ein Landesherr die Abgaben von seinen | ||||||
| 21 | Unterthanen in dieser Materie (als Waare) einfordert und die, deren | ||||||
| 22 | Fleiß in Anschaffung derselben dadurch bewegt werden soll, mit eben denselben | ||||||
| 23 | nach Verordnungen des Verkehrs unter und mit ihnen überhaupt | ||||||
| 24 | (auf einem Markt oder einer Börse) wieder lohnt. - Dadurch allein | ||||||
| 25 | hat (meinem Bedünken nach) eine Waare ein gesetzliches Mittel des Verkehrs | ||||||
| 26 | des Fleißes der Unterthanen unter einander und hiemit auch des | ||||||
| 27 | Staatsreichthums, d. i. Geld, werden können. | ||||||
| 28 | Der intellectuelle Begriff, dem der empirische vom Gelde untergelegt | ||||||
| 29 | ist, ist also der von einer Sache, die, im Umlauf des Besitzes Begriffen | ||||||
| 30 | ( permutatio publica ), den Preis aller anderen Dinge (Waaren) bestimmt, | ||||||
| 31 | unter welche letztere sogar Wissenschaften, so fern sie Anderen nicht umsonst | ||||||
| 32 | gelehrt werden, gehören: dessen Menge also in einem Volk die Begüterung | ||||||
| 33 | ( opulentia ) desselben ausmacht. Denn Preis ( pretium ) ist das | ||||||
| 34 | öffentliche Urtheil über den Werth ( valor ) einer Sache in Verhältniß | ||||||
| 35 | auf die proportionirte Menge desjenigen, was das allgemeine stellvertretende | ||||||
| 36 | Mittel der gegenseitigen Vertauschung des Fleißes (des Umlaufs) | ||||||
| 37 | ist. - Daher werden, wo der Verkehr groß ist, weder Gold noch | ||||||
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