Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 287 |
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| 01 | was einen solchen hat und sich auf das besondere Bedürfniß eines | ||||||
| 02 | oder des anderen im Volk bezieht) gedacht wird, es alle Waare repräsentirt. | ||||||
| 04 | Ein Scheffel Getreide hat den größten directen Werth als Mittel zu | ||||||
| 05 | menschlichen Bedürfnissen. Man kann damit Thiere futtern, die uns zur | ||||||
| 06 | Nahrung, zur Bewegung und zur Arbeit an unserer statt, und dann auch | ||||||
| 07 | vermittelst desselben also Menschen vermehren und erhalten, welche nicht | ||||||
| 08 | allein jene Naturproducte immer wieder erzeugen, sondern auch durch | ||||||
| 09 | Kunstproducte allen unseren Bedürfnissen zu Hülfe kommen können: zur | ||||||
| 10 | Verfertigung unserer Wohnung, Kleidung, ausgesuchten Genusse und | ||||||
| 11 | aller Gemächlichkeit überhaupt, welche die Güter der Industrie ausmachen. | ||||||
| 12 | Der Werth des Geldes ist dagegen nur indirect. Man kann es selbst | ||||||
| 13 | nicht genießen, oder als ein solches irgend wozu unmittelbar gebrauchen; | ||||||
| 14 | aber doch ist es ein Mittel, was unter allen Sachen von der höchsten | ||||||
| 15 | Brauchbarkeit ist. | ||||||
| 16 | Hierauf läßt sich vorläufig eine Realdefinition des Geldes gründen: | ||||||
| 17 | es ist das allgemeine Mittel den Fleiß der Menschen gegen | ||||||
| 18 | einander zu verkehren, so: daß der Nationalreichthum, in sofern er | ||||||
| 19 | vermittelst des Geldes erworben worden, eigentlich nur die Summe des | ||||||
| 20 | Fleißes ist, mit dem Menschen sich untereinander lohnen, und welcher | ||||||
| 21 | durch das in dem Volk umlaufende Geld repräsentirt wird. | ||||||
| 22 | Die Sache nun, welche Geld heißen soll, muß also selbst so viel | ||||||
| 23 | Fleiß gekostet haben, um sie hervorzubringen, oder auch anderen Menschen | ||||||
| 24 | in die Hände zu schaffen, daß dieser demjenigen Fleiß, durch welchen | ||||||
| 25 | die Waare (in Natur= oder Kunstproducten) hat erworben werden | ||||||
| 26 | müssen, und gegen welchen jener ausgetauscht wird, gleich komme. Denn | ||||||
| 27 | wäre es leichter den Stoff, der Geld heißt, als die Waare anzuschaffen, | ||||||
| 28 | so käme mehr Geld zu Markte, als Waare feil steht, und weil der Verkäufer | ||||||
| 29 | mehr Fleiß auf seine Waare verwenden müßte, als der Käufer, dem das | ||||||
| 30 | Geld schneller zuströmt: so würde der Fleiß in Verfertigung der Waare | ||||||
| 31 | und so das Gewerbe überhaupt mit dem Erwerbfleiß, der den öffentlichen | ||||||
| 32 | Reichthum zu Folge hat, zugleich schwinden und verkürzt werden. | ||||||
| 33 | Daher können Banknoten und Assignaten nicht für Geld angesehen werden, | ||||||
| 34 | ob sie gleich eine Zeit hindurch die Stelle desselben vertreten: weil es beinahe | ||||||
| 35 | gar keine Arbeit kostet, sie zu verfertigen, und ihr Werth sich bloß | ||||||
| 36 | auf die Meinung der ferneren Fortdauer der bisher gelungenen Umsetzung | ||||||
| 37 | derselben in Baarschaft gründet, welche bei einer etwanigen Entdeckung, | ||||||
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