Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 281

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Hinsicht ganz richtige und auch nothwendige Idee, den Act der Zeugung      
  02 als einen solchen anzusehen, wodurch wir eine Person ohne ihre Einwilligung      
  03 auf die Welt gesetzt und eigenmächtig in sie herüber gebracht haben;      
  04 für welche That auf den Eltern nun auch eine Verbindlichkeit haftet, sie,      
  05 so viel in ihren Kräften ist, mit diesem ihrem Zustande zufrieden zu      
  06 machen. - Sie können ihr Kind nicht gleichsam als ihr Gemächsel (denn      
  07 ein solches kann kein mit Freiheit begabtes Wesen sein) und als ihr Eigenthum      
  08 zerstören oder es auch nur dem Zufall überlassen, weil an ihm nicht      
  09 bloß ein Weltwesen, sondern auch ein Weltbürger in einen Zustand herüber      
  10 gezogen, der ihnen nun auch nach Rechtsbegriffen nicht gleichgültig      
  11 sein kann.      
           
  12
§ 29.
     
           
  13 Aus dieser Pflicht entspringt auch nothwendig das Recht der Eltern      
  14 zur Handhabung und Bildung des Kindes, so lange es des eigenen      
  15 Gebrauchs seiner Gliedmaßen, imgleichen des Verstandesgebrauchs noch      
  16 nicht mächtig ist, außer der Ernährung und Pflege es zu erziehen und      
  17 sowohl pragmatisch, damit es künftig sich selbst erhalten und fortbringen      
  18 könne, als auch moralisch, weil sonst die Schuld ihrer Verwahrlosung      
  19 auf die Eltern fallen würde, - es zu bilden; Alles bis zur Zeit der Entlassung      
  20 ( emancipatio ), da diese sowohl ihrem väterlichen Recht zu befehlen,      
  21 als auch allem Anspruch auf Kostenerstattung für ihre bisherige Verpflegung      
  22 und Mühe entsagen, wofür und nach vollendeter Erziehung sie der      
  23 Kinder ihre Verbindlichkeit (gegen die Eltern) nur als bloße Tugendpflicht,      
  24 nämlich als Dankbarkeit, in Anschlag bringen können.      
           
           
     

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