Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 267 |
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04 | Alle Menschen sind ursprünglich in einem Gesammt=Besitz des | ||||||
05 | Bodens der ganzen Erde ( communio fundi originaria ) mit dem ihnen | ||||||
06 | von Natur zustehenden Willen (eines jeden) denselben zu gebrauchen | ||||||
07 | ( lex iusti ), der wegen der natürlich unvermeidlichen Entgegensetzung der | ||||||
08 | Willkür des Einen gegen die des Anderen allen Gebrauch desselben aufheben | ||||||
09 | würde, wenn nicht jener zugleich das Gesetz für diese enthielte, nach | ||||||
10 | welchem einem jeden ein besonderer Besitz auf dem gemeinsamen Boden | ||||||
11 | bestimmt werden kann ( lex iuridica ). Aber das austheilende Gesetz des | ||||||
12 | Mein und Dein eines jeden am Boden kann nach dem Axiom der äußeren | ||||||
13 | Freiheit nicht anders als aus einem ursprünglich und a priori vereinigten | ||||||
14 | Willen (der zu dieser Vereinigung keinen rechtlichen Act voraussetzt), | ||||||
15 | mithin nur im bürgerlichen Zustande hervorgehen ( lex iustitiae | ||||||
16 | distributivae ), der allein, was recht, was rechtlich und was Rechtens | ||||||
17 | ist, bestimmt. - In diesem Zustand aber, d. i. vor Gründung und doch | ||||||
18 | in Absicht auf denselben, d. i. provisorisch, nach dem Gesetz der äußeren | ||||||
19 | Erwerbung zu verfahren, ist Pflicht, folglich auch rechtliches Vermögen | ||||||
20 | des Willens jedermann zu verbinden, den Act der Besitznehmung und | ||||||
21 | Zueignung, ob er gleich nur einseitig ist, als gültig anzuerkennen; mithin | ||||||
22 | ist eine provisorische Erwerbung des Bodens mit allen ihren rechtlichen | ||||||
23 | Folgen möglich. | ||||||
24 | Eine solche Erwerbung aber bedarf doch und hat auch eine Gunst | ||||||
25 | des Gesetzes ( lex permissiva ) in Ansehung der Bestimmung der Grenzen | ||||||
26 | des rechtlich=möglichen Besitzes für sich: weil sie vor dem rechtlichen Zustande | ||||||
27 | vorhergeht und, als bloß dazu einleitend, noch nicht peremtorisch | ||||||
28 | ist, welche Gunst sich aber nicht weiter erstreckt, als bis zur Einwilligung | ||||||
29 | Anderer (Theilnehmender) zu Errichtung des Letzteren, bei dem Widerstande | ||||||
30 | derselben aber in diesen (den bürgerlichen) zu treten, und so lange | ||||||
31 | derselbe währt, allen Effect einer rechtmäßigen Erwerbung bei sich führt, | ||||||
32 | weil dieser Ausgang auf Pflicht gegründet ist. | ||||||
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