Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 252

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Folge der Kritik der reinen Vernunft) dem gegebenen Begriff eine      
  02 Anschauung a priori untergelegt, mithin etwas zu dem Begriffe vom      
  03 Besitz des Gegenstandes hinzugethan werden; allein in diesem      
  04 praktischen wird umgekehrt verfahren, und alle Bedingungen der      
  05 Anschauung, welche den empirischen Besitz begründen, müssen weggeschafft      
  06 (von ihnen abgesehen) werden, um den Begriff des Besitzes      
  07 über den empirischen hinaus zu erweitern und sagen zu können:      
  08 ein jeder äußere Gegenstand der Willkür kann zu dem rechtlich      
  09 Meinen gezählt werden, den ich (und auch nur so fern ich ihn) in      
  10 meiner Gewalt habe, ohne im Besitz desselben zu sein.      
           
  11 Die Möglichkeit eines solchen Besitzes, mithin die Deduction      
  12 des Begriffs eines nicht=empirischen Besitzes gründet sich auf dem      
  13 rechtlichen Postulat der praktischen Vernunft: "daß es Rechtspflicht      
  14 sei, gegen Andere so zu handeln, daß das Äußere (Brauchbare) auch      
  15 das Seine von irgend jemanden werden könne", zugleich mit der Exposition      
  16 des letzteren Begriffs, welcher das äußere Seine nur auf      
  17 einen nicht=physischen Besitz gründet, verbunden. Die Möglichkeit      
  18 des letzteren aber kann keinesweges für sich selbst bewiesen oder      
  19 eingesehen werden (eben weil es ein Vernunftbegriff ist, dem keine      
  20 Anschauung correspondirend gegeben werden kann), sondern ist eine      
  21 unmittelbare Folge aus dem gedachten Postulat. Denn wenn es      
  22 nothwendig ist, nach jenem Rechtsgrundsatz zu handeln, so muß auch      
  23 die intelligibele Bedingung (eines bloß rechtlichen Besitzes) möglich      
  24 sein. - Es darf auch niemand befremden, daß die theoretischen      
  25 Principien des äußeren Mein und Dein sich im Intelligibelen verlieren      
  26 und kein erweitertes Erkenntniß vorstellen: weil der Begriff      
  27 der Freiheit, auf dem sie beruhen, keiner theoretischen Deduction      
  28 seiner Möglichkeit fähig ist und nur aus dem praktischen Gesetze der      
  29 Vernunft (dem kategorischen Imperativ), als einem Factum derselben,      
  30 geschlossen werden kann.      
           
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§ 7.
     
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Anwendung des Princips der Möglichkeit des äußeren
     
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Mein und Dein auf Gegenstände der Erfahrung.
     
           
  34 Der Begriff eines bloß rechtlichen Besitzes ist kein empirischer (von      
  35 Raum= und Zeitbedingungen abhängiger) Begriff, und gleichwohl hat er      
           
     

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