Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 465 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | Körper unter einander auch die Gemeinschaft der Glieder eines gemeinen | ||||||
02 | Wesens nach Regeln des Rechts denken; aber jene specifischen Bestimmungen | ||||||
03 | (die materielle Anziehung oder Abstoßung) nicht auf diese übertragen | ||||||
04 | und sie den Bürgern beilegen, um ein System, welches Staat heißt, auszumachen. | ||||||
05 | Eben so dürfen wir wohl die Causalität des Urwesens in | ||||||
06 | Ansehung der Dinge der Welt, als Naturzwecke, nach der Analogie eines | ||||||
07 | Verstandes, als Grundes der Formen gewisser Producte, die wir Kunstwerke | ||||||
08 | nennen, denken (denn dieses geschieht nur zum Behuf des theoretischen | ||||||
09 | oder praktischen Gebrauchs unseres Erkenntnißvermögens, den wir | ||||||
10 | von diesem Begriffe in Ansehung der Naturdinge in der Welt nach einem | ||||||
11 | gewissen Princip zu machen haben): aber wir können daraus, daß unter | ||||||
12 | Weltwesen der Ursache einer Wirkung, die als künstlich beurtheilt wird, | ||||||
13 | Verstand beigelegt werden muß, keinesweges nach einer Analogie schließen, | ||||||
14 | daß auch dem Wesen, welches von der Natur gänzlich unterschieden ist, in | ||||||
15 | Ansehung der Natur selbst eben dieselbe Causalität, die wir am Menschen | ||||||
16 | wahrnehmen, zukomme: weil dieses eben den Punkt der Ungleichartigkeit | ||||||
17 | betrifft, der zwischen einer in Ansehung ihrer Wirkungen sinnlich=bedingten | ||||||
18 | Ursache und dem übersinnlichen Urwesen selbst im Begriffe desselben gedacht | ||||||
19 | wird und also auf diesen nicht übergetragen werden kann. - Eben | ||||||
20 | darin, daß ich mir die göttliche Causalität nur nach der Analogie mit | ||||||
21 | einem Verstande (welches Vermögen wir an keinem anderen Wesen als | ||||||
22 | dem sinnlich=bedingten Menschen kennen) denken soll, liegt das Verbot, ihm | ||||||
23 | diesen nicht in der eigentlichen Bedeutung beizulegen*). | ||||||
24 | 3) Meinen findet in Urtheilen a priori gar nicht Statt; sondern man | ||||||
25 | erkennt durch sie entweder etwas als ganz gewiß, oder gar nichts. Wenn | ||||||
26 | aber auch die gegebenen Beweisgründe, von denen wir ausgehen (wie hier | ||||||
27 | von den Zwecken in der Welt), empirisch sind, so kann man mit diesen doch | ||||||
28 | über die Sinnenwelt hinaus nichts meinen und solchen gewagten urtheilen | ||||||
29 | den mindesten Anspruch auf Wahrscheinlichkeit zugestehen. Denn Wahrscheinlichkeit | ||||||
30 | ist ein Theil einer in einer gewissen Reihe der Gründe möglichen | ||||||
31 | Gewißheit (die Gründe derselben werden darin mit dem zureichenden | ||||||
32 | als Theile mit einem Ganzen verglichen), zu welchen jener unzureichende | ||||||
*)Man vermißt dadurch nicht das Mindeste in der Vorstellung der Verhältnisse dieses Wesens zur Welt, sowohl was die theoretischen als praktischen Folgerungen aus diesem Begriffe betrifft. Was es an sich selbst sei, erforschen zu wollen, ist ein eben so zweckloser als vergeblicher Vorwitz. | |||||||
[ Seite 464 ] [ Seite 466 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |