Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 457 |
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01 | sein; auch mögen die Eigenschaften, die wir dem dadurch gedachten | ||||||
02 | Wesen beilegen, objectiv gebraucht, einen Anthropomorphism in sich verbergen: | ||||||
03 | die Absicht ihres Gebrauchs ist auch nicht, seine für uns unerreichbare | ||||||
04 | Natur, sondern uns selbst und unseren Willen darnach bestimmen zu | ||||||
05 | wollen. So wie wir eine Ursache nach dem Begriffe, den wir von der Wirkung | ||||||
06 | haben, (aber nur in Ansehung ihrer Relation zu dieser) benennen, | ||||||
07 | ohne darum die innere Beschaffenheit derselben durch die Eigenschaften, | ||||||
08 | die uns von dergleichen Ursachen einzig und allein bekannt und durch Erfahrung | ||||||
09 | gegeben werden müssen, innerlich bestimmen zu wollen; so wie | ||||||
10 | wir z. B. der Seele unter andern auch eine vim locomotivam beilegen, | ||||||
11 | weil wirklich Bewegungen des Körpers entspringen, deren Ursache in ihren | ||||||
12 | Vorstellungen liegt, ohne ihr darum die einzige Art, wie wir bewegende | ||||||
13 | Kräfte kennen, (nämlich durch Anziehung, Druck, Stoß, mithin Bewegung, | ||||||
14 | welche jederzeit ein ausgedehntes Wesen voraussetzen) beilegen zu | ||||||
15 | wollen: - eben so werden wir Etwas, das den Grund der Möglichkeit | ||||||
16 | und der praktischen Realität, d. i. der Ausführbarkeit, eines nothwendigen | ||||||
17 | moralischen Endzwecks enthält, annehmen müssen; dieses aber nach Beschaffenheit | ||||||
18 | der von ihm erwarteten Wirkung uns als ein weises, nach moralischen | ||||||
19 | Gesetzen die Welt beherrschendes Wesen denken können und der | ||||||
20 | Beschaffenheit unserer Erkenntnißvermögen gemäß als von der Natur unterschiedene | ||||||
21 | Ursache der Dinge denken müssen, um nur das Verhältniß | ||||||
22 | dieses alle unsere Erkenntnißvermögen übersteigenden Wesens zum Objecte | ||||||
23 | unserer praktischen Vernunft auszudrücken: ohne doch dadurch die | ||||||
24 | einzige uns bekannte Causalität dieser Art, nämlich einen Verstand und | ||||||
25 | Willen, ihm darum theoretisch beilegen, ja selbst auch nur die an ihm gedachte | ||||||
26 | Causalität in Ansehung dessen, was für uns Endzweck ist, als in | ||||||
27 | diesem Wesen selbst von der Causalität in Ansehung der Natur (und deren | ||||||
28 | Zweckbestimmungen überhaupt) objectiv unterscheiden zu wollen, sondern | ||||||
29 | diesen Unterschied nur als subjectiv nothwendig für die Beschaffenheit unseres | ||||||
30 | Erkenntnißvermögens und gültig für die reflectirende, nicht für die | ||||||
31 | objectiv bestimmende Urtheilskraft annehmen können. Wenn es aber auf | ||||||
32 | das Praktische ankommt, so ist ein solches regulatives Princip (für die | ||||||
33 | Klugheit oder Weisheit): dem, was nach Beschaffenheit unserer Erkenntnißvermögen | ||||||
34 | von uns auf gewisse Weise allein als möglich gedacht werden | ||||||
35 | kann, als Zwecke gemäß zu handeln, zugleich constitutiv, d. i. praktisch | ||||||
36 | bestimmend; indeß eben dasselbe als Princip die objective Möglichkeit der | ||||||
37 | Dinge zu beurtheilen keinesweges theoretisch=bestimmend (daß nämlich | ||||||
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