Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 413

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 demselben, als Princip, die Natur (nach ihren besondern Gesetzen) für      
  02 uns ein System ausmache, welches sowohl nach dem Princip der Erzeugung      
  03 von physischen als dem der Endursachen als möglich erkannt werden      
  04 könne: läßt sich keinesweges erklären; sondern nur, wenn es sich zuträgt,      
  05 daß Gegenstände der Natur vorkommen, die nach dem Princip des Mechanisms      
  06 (welches jederzeit an einem Naturwesen Anspruch hat) ihrer      
  07 Möglichkeit nach, ohne uns auf teleologische Grundsätze zu stützen, von      
  08 uns nicht können gedacht werden, voraussetzen, daß man nur getrost beiden      
  09 gemäß den Naturgesetzen nachforschen dürfe (nachdem die Möglichkeit      
  10 ihres Products aus einem oder dem andern Princip unserm Verstande      
  11 erkennbar ist), ohne sich an den scheinbaren Widerstreit zu stoßen, der sich      
  12 zwischen den Principien der Beurtheilung desselben hervorthut: weil wenigstens      
  13 die Möglichkeit, daß beide auch objectiv in einem Princip vereinbar      
  14 sein möchten (da sie Erscheinungen betreffen, die einen übersinnlichen      
  15 Grund voraussetzen), gesichert ist.      
  16 Ob also gleich sowohl der Mechanism als der teleologische (absichtliche)      
           
  17 Technicism der Natur in Ansehung ebendesselben Products und      
  18 seiner Möglichkeit unter einem gemeinschaftlichen obern Princip der Natur      
  19 nach besondern Gesetzen stehen mögen: so können wir doch, da dieses      
  20 Princip transscendent ist, nach der Eingeschränktheit unseres Verstandes      
  21 beide Principien in der Erklärung eben derselben Naturerzeugung      
  22 alsdann nicht vereinigen, wenn selbst die innere Möglichkeit dieses Products      
  23 nur durch eine Causalität nach Zwecken verständlich ist (wie organisirte      
  24 Materien von der Art sind). Es bleibt also bei dem obigen      
  25 Grundsatze der Teleologie: daß nach der Beschaffenheit des menschlichen      
  26 Verstandes für die Möglichkeit organischer Wesen in der Natur keine andere      
  27 als absichtlich wirkende Ursache könne angenommen werden, und      
  28 der bloße Mechanism der Natur zur Erklärung dieser ihrer Producte gar      
  29 nicht hinlänglich sein könne; ohne doch dadurch in Ansehung der Möglichkeit      
  30 solcher Dinge selbst durch diesen Grundsatz entscheiden zu wollen.      
           
  31 Da nämlich dieser nur eine Maxime der reflectirenden, nicht der bestimmenden      
  32 Urtheilskraft ist, daher nur subjectiv für uns, nicht objectiv      
  33 für die Möglichkeit dieser Art Dinge selbst gilt (wo beiderlei Erzeugungsarten      
  34 wohl in einem und demselben Grunde zusammenhängen könnten);      
  35 da ferner ohne allen zu der teleologisch=gedachten Erzeugungsart hinzukommenden      
  36 Begriff von einem dabei zugleich anzutreffenden Mechanism      
  37 der Natur dergleichen Erzeugung gar nicht als Naturproduct beurtheilt      
           
     

[ Seite 412 ] [ Seite 414 ] [ Inhaltsverzeichnis ]