Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 356 |
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| 01 | die Kunst der wechselseitigen Mittheilung der Ideen des ausgebildetesten | ||||||
| 02 | Theils mit dem roheren, die Abstimmung der Erweiterung und Verfeinerung | ||||||
| 03 | der ersteren zur natürlichen Einfalt und Originalität des letzteren | ||||||
| 04 | und auf diese Art dasjenige Mittel zwischen der höheren Cultur und der | ||||||
| 05 | genügsamen Natur zuerst erfinden, welches den richtigen, nach keinen allgemeinen | ||||||
| 06 | Regeln anzugebenden Maßstab auch für den Geschmack, als allgemeinen | ||||||
| 07 | Menschensinn, ausmacht. | ||||||
| 08 | Schwerlich wird ein späteres Zeitalter jene Muster entbehrlich machen: | ||||||
| 09 | weil es der Natur immer weniger nahe sein wird und sich zuletzt, ohne | ||||||
| 10 | bleibende Beispiele von ihr zu haben, kaum einen Begriff von der glücklichen | ||||||
| 11 | Vereinigung des gesetzlichen Zwanges der höchsten Cultur mit der | ||||||
| 12 | Kraft und Richtigkeit der ihren eigenen Werth fühlenden freien Natur in | ||||||
| 13 | einem und demselben Volke zu machen im Stande sein möchte. | ||||||
| 14 | Da aber der Geschmack im Grunde ein Beurtheilungsvermögen der | ||||||
| 15 | Versinnlichung sittlicher Ideen (vermittelst einer gewissen Analogie der | ||||||
| 16 | Reflexion über beide) ist, wovon auch und von der darauf zu gründenden | ||||||
| 17 | größeren Empfänglichkeit für das Gefühl aus den letzteren (welches das | ||||||
| 18 | moralische heißt) diejenige Lust sich ableitet, welche der Geschmack als für | ||||||
| 19 | die Menschheit überhaupt, nicht bloß für eines jeden Privatgefühl gültig | ||||||
| 20 | erklärt: so leuchtet ein, daß die wahre Propädeutik zur Gründung des | ||||||
| 21 | Geschmacks die Entwickelung sittlicher Ideen und die Cultur des moralischen | ||||||
| 22 | Gefühls sei; da, nur wenn mit diesem die Sinnlichkeit in Einstimmung | ||||||
| 23 | gebracht wird, der ächte Geschmack eine bestimmte, unveränderliche | ||||||
| 24 | Form annehmen kann. | ||||||
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