Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 344 |
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| 01 | von Ideen, die Vernunftideen sowohl als die ästhetischen, ihre Principien | ||||||
| 02 | haben müssen; und zwar beide in der Vernunft, jene in den objectiven, | ||||||
| 03 | diese in den subjectiven Principien ihres Gebrauchs. | ||||||
| 04 | Man kann diesem zufolge Genie auch durch das Vermögen ästhetischer | ||||||
| 05 | Ideen erklären: wodurch zugleich der Grund angezeigt wird, warum | ||||||
| 06 | in Producten des Genies die Natur (des Subjects), nicht ein überlegter | ||||||
| 07 | Zweck der Kunst (der Hervorbringung des Schönen) die Regel giebt. | ||||||
| 08 | Denn da das Schöne nicht nach Begriffen beurtheilt werden muß, sondern | ||||||
| 09 | nach der zweckmäßigen Stimmung der Einbildungskraft zur Übereinstimmung | ||||||
| 10 | mit dem Vermögen der Begriffe überhaupt: so kann nicht Regel und | ||||||
| 11 | Vorschrift, sondern nur das, was bloß Natur im Subjecte ist, aber nicht | ||||||
| 12 | unter Regeln oder Begriffe gefaßt werden kann, d. i. das übersinnliche | ||||||
| 13 | Substrat aller seiner Vermögen (welches kein Verstandesbegriff erreicht), | ||||||
| 14 | folglich das, auf welches in Beziehung alle unsere Erkenntnißvermögen | ||||||
| 15 | zusammenstimmend zu machen, der letzte durch das Intelligible unserer | ||||||
| 16 | Natur gegebene Zweck ist, jener ästhetischen, aber unbedingten Zweckmäßigkeit | ||||||
| 17 | in der schönen Kunst, die jedermann gefallen zu müssen rechtmäßigen | ||||||
| 18 | Anspruch machen soll, zum subjectiven Richtmaße dienen. So | ||||||
| 19 | ist es auch allein möglich, daß dieser, der man kein objectives Princip | ||||||
| 20 | vorschreiben kann, ein subjectives und doch allgemeingültiges Princip | ||||||
| 21 | a priori zum Grunde liege. | ||||||
| 22 | Anmerkung 2. |
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| 23 | Folgende wichtige Bemerkung bietet sich hier von selbst dar: daß es | ||||||
| 24 | nämlich dreierlei Arten der Antinomie der reinen Vernunft gebe, | ||||||
| 25 | die aber alle darin übereinkommen, daß sie dieselbe zwingen, von der sonst | ||||||
| 26 | sehr natürlichen Voraussetzung, die Gegenstände der Sinne für die Dinge | ||||||
| 27 | an sich selbst zu halten, abzugehen, sie vielmehr bloß für Erscheinungen | ||||||
| 28 | gelten zu lassen und ihnen ein intelligibles Substrat (etwas Übersinnliches, | ||||||
| 29 | wovon der Begriff nur Idee ist und keine eigentliche Erkenntniß | ||||||
| 30 | zuläßt) unterzulegen. Ohne eine solche Antinomie würde die Vernunft | ||||||
| 31 | sich niemals zu Annehmung eines solchen das Feld ihrer Speculation so | ||||||
| 32 | sehr verengenden Princips und zu Aufopferungen, wobei so viele sonst | ||||||
| 33 | sehr schimmernde Hoffnungen gänzlich verschwinden müssen, entschließen | ||||||
| 34 | können; denn selbst jetzt, da sich ihr zur Vergütung dieser Einbuße ein | ||||||
| 35 | um desto größerer Gebrauch in praktischer Rücksicht eröffnet, scheint sie sich | ||||||
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