Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 339 |
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Text (Kant):
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| 01 | nicht einmal streiten (auf die nothwendige Einstimmung anderer mit diesem | ||||||
| 02 | Urtheile Anspruch machen). | ||||||
| 03 | § 57. |
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| 04 | Auflösung der Antinomie des Geschmacks. |
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| 05 | Es ist keine Möglichkeit, den Widerstreit jener jedem Geschmacksurtheile | ||||||
| 06 | untergelegten Principien (welche nichts anders sind, als die oben in | ||||||
| 07 | der Analytik vorgestellten zwei Eigenthümlichkeiten des Geschmacksurtheils) | ||||||
| 08 | zu heben, als daß man zeigt: der Begriff, worauf man das Object in | ||||||
| 09 | dieser Art Urtheile bezieht, werde in beiden Maximen der ästhetischen Urtheilskraft | ||||||
| 10 | nicht in einerlei Sinn genommen; dieser zwiefache Sinn oder | ||||||
| 11 | Gesichtspunkt der Beurtheilung sei unserer transscendentalen Urtheilskraft | ||||||
| 12 | nothwendig; aber auch der Schein in der Vermengung des einen mit dem | ||||||
| 13 | andern, als natürliche Illusion, unvermeidlich. | ||||||
| 14 | Auf irgend einen Begriff muß sich das Geschmacksurtheil beziehen; | ||||||
| 15 | denn sonst könnte es schlechterdings nicht auf nothwendige Gültigkeit für | ||||||
| 16 | jedermann Anspruch machen. Aber aus einem Begriffe darf es darum | ||||||
| 17 | eben nicht erweislich sein, weil ein Begriff entweder bestimmbar, oder auch | ||||||
| 18 | an sich unbestimmt und zugleich unbestimmbar sein kann. Von der erstern | ||||||
| 19 | Art ist der Verstandesbegriff, der durch Prädicate der sinnlichen Anschauung, | ||||||
| 20 | die ihm correspondiren kann, bestimmbar ist; von der zweiten | ||||||
| 21 | aber der transscendentale Vernunftbegriff von dem Übersinnlichen, was | ||||||
| 22 | aller jener Anschauung zum Grunde liegt, der also weiter nicht theoretisch | ||||||
| 23 | bestimmt werden kann. | ||||||
| 24 | Nun geht das Geschmacksurtheil auf Gegenstände der Sinne, aber | ||||||
| 25 | nicht um einen Begriff derselben für den Verstand zu bestimmen; denn | ||||||
| 26 | es ist kein Erkenntnißurtheil. Es ist daher, als auf das Gefühl der Lust | ||||||
| 27 | bezogene anschauliche einzelne Vorstellung, nur ein Privaturtheil: und | ||||||
| 28 | sofern würde es seiner Gültigkeit nach auf das urtheilende Individuum | ||||||
| 29 | allein beschränkt sein: der Gegenstand ist für mich ein Gegenstand des | ||||||
| 30 | Wohlgefallens, für andre mag es sich anders verhalten; - ein jeder hat | ||||||
| 31 | seinen Geschmack. | ||||||
| 32 | Gleichwohl ist ohne Zweifel im Geschmacksurtheile eine erweiterte | ||||||
| 33 | Beziehung der Vorstellung des Objects (zugleich auch des Subjects) enthalten, | ||||||
| 34 | worauf wir eine Ausdehnung dieser Art Urtheile als nothwendig | ||||||
| 35 | für jedermann gründen: welcher daher nothwendig irgend ein Begriff zum | ||||||
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