Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 323 |
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01 | Sinnenschein künstlich mit Ideen verbunden darstellt, würde ich in die | ||||||
02 | der schönen Schilderung der Natur und in die der schönen Zusammenstellung | ||||||
03 | ihrer Producte eintheilen. Die erste wäre die eigentliche | ||||||
04 | Malerei, die zweite die Lustgärtnerei. Denn die erste giebt | ||||||
05 | nur den Schein der körperlichen Ausdehnung; die zweite zwar diese nach | ||||||
06 | der Wahrheit, aber nur den Schein von Benutzung und Gebrauch zu anderen | ||||||
07 | Zwecken, als bloß für das Spiel der Einbildung in Beschauung | ||||||
08 | ihrer Formen*). Die letztere ist nichts anders, als die Schmückung des | ||||||
09 | Bodens mit derselben Mannigfaltigkeit (Gräsern, Blumen, Sträuchen Und | ||||||
10 | Bäumen, selbst Gewässern, Hügeln und Thälern), womit ihn die Natur | ||||||
11 | dem Anschauen darstellt, nur anders und angemessen gewissen Ideen zusammengestellt. | ||||||
12 | Die schöne Zusammenstellung aber körperlicher Dinge ist | ||||||
13 | auch nur für das Auge gegeben, wie die Malerei; der Sinn des Gefühls | ||||||
14 | kann keine anschauliche Vorstellung von einer solchen Form verschaffen. | ||||||
15 | Zu der Malerei im weiten Sinne würde ich noch die Verzierung der Zimmer | ||||||
16 | durch Tapeten, Aufsätze und alles schöne Amöblement, welches bloß | ||||||
17 | zur Ansicht dient, zählen; imgleichen die Kunst der Kleidung nach Geschmack | ||||||
18 | (Ringe, Dosen u. s. w.). Denn ein Parterre von allerlei Blumen, | ||||||
19 | ein Zimmer mit allerlei Zierathen (selbst den Putz der Damen darunter | ||||||
20 | begriffen) machen an einem Prachtfeste eine Art von Gemälde aus, welches, | ||||||
21 | so wie die eigentlich sogenannten (die nicht etwa Geschichte, oder Naturkenntniß | ||||||
22 | zu lehren die Absicht haben) bloß zum Ansehen da ist, um | ||||||
23 | die Einbildungskraft im freien Spiele mit Ideen zu unterhalten und ohne | ||||||
24 | bestimmten Zweck die ästhetische Urtheilskraft zu beschäftigen. Das Machwerk | ||||||
25 | an allem diesem Schmucke mag immer mechanisch sehr unterschieden | ||||||
*)Daß die Lustgärtnerei als eine Art von Malerkunst betrachtet werden könne, ob sie zwar ihre Formen körperlich darstellt, scheint befremdlich; da sie aber ihre Formen wirklich aus der Natur nimmt (die Bäume, Gesträuche, Gräser und Blumen aus Wald und Feld, wenigstens uranfänglich) und sofern nicht etwa wie die Plastik Kunst ist, auch keinen Begriff von dem Gegenstande und seinem Zwecke (wie etwa die Baukunst) zur Bedingung ihrer Zusammenstellung hat, sondern bloß das freie Spiel der Einbildungskraft in der Beschauung: so kommt sie mit der bloß ästhetischen Malerei, die kein bestimmtes Thema hat (Luft, Land und Wasser durch Licht und Schatten unterhaltend zusammen stellt), sofern überein. - Überhaupt wird der Leser dieses nur als einen Versuch von der Verbindung der schönen Künste unter einem Princip, welches diesmal das des Ausdrucks ästhetischer Ideen (nach der Analogie einer Sprache) sein soll, beurtheilen und nicht als für entschieden gehaltene Ableitung derselben ansehen. | |||||||
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