Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 281 |
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01 | einzelnen Urtheils, welches die subjective Zweckmäßigkeit einer empirischen | ||||||
02 | Vorstellung der Form eines Gegenstandes ausdrückt, für die Urtheilskraft | ||||||
03 | überhaupt darzuthun sein, um zu erklären, wie es möglich sei, daß | ||||||
04 | etwas bloß in der Beurtheilung (ohne Sinnenempfindung oder Begriff) | ||||||
05 | gefallen könne, und, so wie die Beurtheilung eines Gegenstandes zum | ||||||
06 | Behuf einer Erkenntniß überhaupt allgemeine Regeln hat, auch das | ||||||
07 | Wohlgefallen eines Jeden für jeden andern als Regel dürfe angekündigt | ||||||
08 | werden. | ||||||
09 | Wenn nun diese Allgemeingültigkeit sich nicht auf Stimmensammlung | ||||||
10 | und Herumfragen bei andern wegen ihrer Art zu empfinden gründen, | ||||||
11 | sondern gleichsam auf einer Autonomie des über das Gefühl der | ||||||
12 | Lust (an der gegebenen Vorstellung) urtheilenden Subjects, d. i. auf | ||||||
13 | seinem eigenen Geschmacke, beruhen, gleichwohl aber doch auch nicht von | ||||||
14 | Begriffen abgeleitet werden soll: so hat ein solches Urtheil - wie das | ||||||
15 | Geschmacksurtheil in der That ist - eine zwiefache und zwar logische | ||||||
16 | Eigenthümlichkeit: nämlich erstlich die Allgemeingültigkeit a priori und | ||||||
17 | doch nicht eine logische Allgemeinheit nach Begriffen, sondern die Allgemeinheit | ||||||
18 | eines einzelnen Urtheils; zweitens eine Nothwendigkeit (die | ||||||
19 | jederzeit auf Gründen a priori beruhen muß), die aber doch von keinen | ||||||
20 | Beweisgründen a priori abhängt, durch deren Vorstellung der Beifall, | ||||||
21 | den das Geschmacksurtheil jedermann ansinnt, erzwungen werden könnte. | ||||||
22 | Die Auflösung dieser logischen Eigenthümlichkeiten, worin sich ein | ||||||
23 | Geschmacksurtheil von allen Erkenntnißurtheilen unterscheidet, wenn wir | ||||||
24 | hier anfänglich von allem Inhalte desselben, nämlich dem Gefühle der | ||||||
25 | Lust, abstrahiren und bloß die ästhetische Form mit der Form der objectiven | ||||||
26 | Urtheile, wie sie die Logik vorschreibt, vergleichen, wird allein zur | ||||||
27 | Deduction dieses sonderbaren Vermögens hinreichend sein. Wir wollen | ||||||
28 | also diese charakteristischen Eigenschaften des Geschmacks zuvor, durch Beispiele | ||||||
29 | erläutert, vorstellig machen. | ||||||
30 | § 32. |
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31 | Erste Eigenthümlichkeit des Geschmacksurtheils. |
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32 | Das Geschmacksurtheil bestimmt seinen Gegenstand in Ansehung | ||||||
33 | des Wohlgefallens (als Schönheit) mit einem Anspruche auf jedermanns | ||||||
34 | Beistimmung, als ob es objectiv wäre. | ||||||
35 | Sagen: diese Blume ist schön, heißt eben so viel, als ihren eigenen | ||||||
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