Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 260 |
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01 | Idee des absoluten Ganzen, mithin die Unzweckmäßigkeit des Vermögens | ||||||
02 | der Einbildungskraft doch für Vernunftideen und deren Erweckung als | ||||||
03 | zweckmäßig vorgestellt. Eben dadurch wird aber das ästhetische Urtheil | ||||||
04 | selbst subjectiv=zweckmäßig für die Vernunft, als Quell der Ideen, d. i. | ||||||
05 | einer solchen intellectuellen Zusammenfassung, für die alle ästhetische klein | ||||||
06 | ist; und der Gegenstand wird als erhaben mit einer Lust aufgenommen, | ||||||
07 | die nur vermittelst einer Unlust möglich ist. | ||||||
08 | B. |
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09 | Vom Dynamisch=Erhabenen der Natur. |
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10 | § 28. |
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11 | Von der Natur als einer Macht. |
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12 | Macht ist ein Vermögen, welches großen Hindernissen überlegen ist. | ||||||
13 | Eben dieselbe heißt eine Gewalt, wenn sie auch dem Widerstande dessen, | ||||||
14 | was selbst Macht besitzt, überlegen ist. Die Natur, im ästhetischen Urtheile | ||||||
15 | als Macht, die über uns keine Gewalt hat, betrachtet, ist dynamisch=erhaben. | ||||||
17 | Wenn von uns die Natur dynamisch als erhaben beurtheilt werden | ||||||
18 | soll, so muß sie als Furcht erregend vorgestellt werden (obgleich nicht umgekehrt | ||||||
19 | jeder Furcht erregende Gegenstand in unserm ästhetischen Urtheile | ||||||
20 | erhaben gefunden wird). Denn in der ästhetischen Beurtheilung (ohne | ||||||
21 | Begriff) kann die Überlegenheit über Hindernisse nur nach der Größe des | ||||||
22 | Widerstandes beurtheilt werden. Nun ist aber das, dem wir zu widerstehen | ||||||
23 | bestrebt sind, ein Übel und, wenn wir unser Vermögen demselben | ||||||
24 | nicht gewachsen finden, ein Gegenstand der Furcht. Also kann für die | ||||||
25 | ästhetische Urtheilskraft die Natur nur sofern als Macht, mithin dynamisch | ||||||
26 | erhaben gelten, sofern sie als Gegenstand der Furcht betrachtet wird. | ||||||
27 | Man kann aber einen Gegenstand als furchtbar betrachten, ohne | ||||||
28 | sich vor ihm zu fürchten, wenn wir ihn nämlich so beurtheilen, daß wir | ||||||
29 | uns bloß den Fall denken, da wir ihm etwa Widerstand thun wollten, | ||||||
30 | und daß alsdann aller Widerstand bei weitem vergeblich sein würde. So | ||||||
31 | fürchtet der tugendhafte Gott, ohne sich vor ihm zu fürchten, weil er ihm | ||||||
32 | und seinen Geboten widerstehen zu wollen sich als keinen von ihm besorglichen | ||||||
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