Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 220 |
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01 | vorauszusetzen) erklären will: so ist Zweck der Gegenstand eines Begriffs, | ||||||
02 | sofern dieser als die Ursache von jenem (der reale Grund seiner Möglichkeit) | ||||||
03 | angesehen wird; und die Causalität eines Begriffs in Ansehung | ||||||
04 | seines Objects ist die Zweckmäßigkeit ( forma finalis ). Wo also nicht etwa | ||||||
05 | bloß die Erkenntniß von einem Gegenstande, sondern der Gegenstand selbst | ||||||
06 | (die Form oder Existenz desselben) als Wirkung nur als durch einen Begriff | ||||||
07 | von der letztern möglich gedacht wird, da denkt man sich einen Zweck. | ||||||
08 | Die Vorstellung der Wirkung ist hier der Bestimmungsgrund ihrer Ursache | ||||||
09 | und geht vor der letztern vorher. Das Bewußtsein der Causalität | ||||||
10 | einer Vorstellung in Absicht auf den Zustand des Subjects, es in demselben | ||||||
11 | zu erhalten, kann hier im Allgemeinen das bezeichnen, was man Lust | ||||||
12 | nennt; wogegen Unlust diejenige Vorstellung ist, die den Zustand der Vorstellungen | ||||||
13 | zu ihrem eigenen Gegentheile zu bestimmen (sie abzuhalten oder | ||||||
14 | wegzuschaffen) den Grund enthält. | ||||||
15 | Das Begehrungsvermögen, sofern es nur durch Begriffe, d. i. der | ||||||
16 | Vorstellung eines Zwecks gemäß zu handeln, bestimmbar ist, würde der | ||||||
17 | Wille sein. Zweckmäßig aber heißt ein Object, oder Gemüthszustand, oder | ||||||
18 | eine Handlung auch, wenn gleich ihre Möglichkeit die Vorstellung eines | ||||||
19 | Zwecks nicht nothwendig voraussetzt, bloß darum, weil ihre Möglichkeit | ||||||
20 | von uns nur erklärt und Begriffen werden kann, sofern wir eine Causalität | ||||||
21 | nach Zwecken, d. i. einen Willen, der sie nach der Vorstellung einer gewissen | ||||||
22 | Regel so angeordnet hätte, zum Grunde derselben annehmen. Die Zweckmäßigkeit | ||||||
23 | kann also ohne Zweck sein, sofern wir die Ursachen dieser Form | ||||||
24 | nicht in einem Willen setzen, aber doch die Erklärung ihrer Möglichkeit | ||||||
25 | nur, indem wir sie von einem Willen ableiten, uns begreiflich machen | ||||||
26 | können. Nun haben wir das, was wir beobachten, nicht immer nöthig | ||||||
27 | durch Vernunft (seiner Möglichkeit nach) einzusehen. Also können wir | ||||||
28 | eine Zweckmäßigkeit der Form nach, auch ohne daß wir ihr einen Zweck | ||||||
29 | (als die Materie des nexus finalis ) zum Grunde legen, wenigstens beobachten | ||||||
30 | und an Gegenständen, wiewohl nicht anders als durch Reflexion | ||||||
31 | bemerken. | ||||||
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