Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 194 |
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| 01 | Princip schon den Begriff eines Zwecks (wenigstens der Form nach) auf | ||||||
| 02 | die Natur anzuwenden den Verstand vorbereitet hat. | ||||||
| 03 | Der transscendentale Grundsatz aber, sich eine Zweckmäßigkeit der | ||||||
| 04 | Natur in subjectiver Beziehung auf unser Erkenntnißvermögen an der | ||||||
| 05 | Form eines Dinges als ein Princip der Beurtheilung derselben vorzustellen, | ||||||
| 06 | läßt es gänzlich unbestimmt, wo und in welchen Fällen ich die | ||||||
| 07 | Beurtheilung, als die eines Products nach einem Princip der Zweckmäßigkeit | ||||||
| 08 | und nicht vielmehr bloß nach allgemeinen Naturgesetzen, anzustellen | ||||||
| 09 | habe, und überläßt es der ästhetischen Urtheilskraft, im Geschmacke | ||||||
| 10 | die Angemessenheit desselben (seiner Form) zu unseren Erkenntnißvermögen | ||||||
| 11 | (sofern diese nicht durch Übereinstimmung mit Begriffen, | ||||||
| 12 | sondern durch das Gefühl entscheidet) auszumachen. Dagegen giebt die | ||||||
| 13 | teleologisch=gebrauchte Urtheilskraft die Bedingungen bestimmt an, unter | ||||||
| 14 | denen etwas (z. B. ein organisirter Körper) nach der Idee eines Zwecks | ||||||
| 15 | der Natur zu beurtheilen sei; kann aber keinen Grundsatz aus dem Begriffe | ||||||
| 16 | der Natur als Gegenstandes der Erfahrung für die Befugniß anführen, | ||||||
| 17 | ihr eine Beziehung auf Zwecke a priori beizulegen und auch nur | ||||||
| 18 | unbestimmt dergleichen von der wirklichen Erfahrung an solchen Producten | ||||||
| 19 | anzunehmen: wovon der Grund ist, daß viele besondere Erfahrungen | ||||||
| 20 | angestellt und unter der Einheit ihres Princips betrachtet werden | ||||||
| 21 | müssen, um eine objective Zweckmäßigkeit an einem gewissen Gegenstande | ||||||
| 22 | nur empirisch erkennen zu können. - Die ästhetische Urtheilskraft ist also | ||||||
| 23 | ein besonderes Vermögen, Dinge nach einer Regel, aber nicht nach Begriffen | ||||||
| 24 | zu beurtheilen. Die teleologische ist kein besonderes Vermögen, | ||||||
| 25 | sondern nur die reflectirende Urtheilskraft überhaupt, sofern sie wie überall | ||||||
| 26 | im theoretischen Erkenntnisse nach Begriffen, aber in Ansehung gewisser | ||||||
| 27 | Gegenstände der Natur nach besonderen Principien, nämlich einer | ||||||
| 28 | bloß reflectirenden, nicht Objecte bestimmenden Urtheilskraft, verfährt, | ||||||
| 29 | also ihrer Anwendung nach zum theoretischen Theile der Philosophie gehört | ||||||
| 30 | und der besonderen Principien wegen, die nicht, wie es in einer | ||||||
| 31 | Doctrin sein muß, bestimmend sind, auch einen besonderen Theil der | ||||||
| 32 | Kritik ausmachen muß; anstatt daß die ästhetische Urtheilskraft zum Erkenntniß | ||||||
| 33 | ihrer Gegenstände nichts beiträgt und also nur zur Kritik des | ||||||
| 34 | urtheilenden Subjects und der Erkenntnißvermögen desselben, sofern sie | ||||||
| 35 | der Principien a priori fähig sind, von welchem Gebrauche (dem theoretischen | ||||||
| 36 | oder praktischen) diese übrigens auch sein mögen, gezählt werden | ||||||
| 37 | muß, welche die Propädeutik aller Philosophie ist. | ||||||
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