Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 137 |
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01 | Wenn nächstdem diese Ideen von Gott, einer intelligibelen Welt | ||||||
02 | (dem Reiche Gottes) und der Unsterblichkeit durch Prädicate bestimmt | ||||||
03 | werden, die von unserer eigenen Natur hergenommen sind, so darf man | ||||||
04 | diese Bestimmung weder als Versinnlichung jener reinen Vernunftideen | ||||||
05 | (Anthropomorphismen), noch als überschwengliches Erkenntniß | ||||||
06 | übersinnlicher Gegenstände ansehen; denn diese Prädicate sind keine | ||||||
07 | andere als Verstand und Wille, und zwar so im Verhältnisse gegen einander | ||||||
08 | betrachtet, als sie im moralischen Gesetze gedacht werden müssen, | ||||||
09 | also nur so weit von ihnen ein reiner praktischer Gebrauch gemacht wird. | ||||||
10 | Von allem übrigen, was diesen Begriffen psychologisch anhängt, d. i. so | ||||||
11 | fern wir diese unsere Vermögen in ihrer Ausübung empirisch beobachten, | ||||||
12 | (z. B. daß der Verstand des Menschen discursiv ist, seine Vorstellungen | ||||||
13 | also Gedanken, nicht Anschauungen sind, daß diese in der Zeit auf | ||||||
14 | einander folgen, daß sein Wille immer mit einer Abhängigkeit der Zufriedenheit | ||||||
15 | von der Existenz seines Gegenstandes behaftet ist u. s. w. , welches | ||||||
16 | im höchsten Wesen so nicht sein kann) wird alsdann abstrahirt, und | ||||||
17 | so bleibt von den Begriffen, durch die wir uns ein reines Verstandeswesen | ||||||
18 | denken, nichts mehr übrig, als gerade zur Möglichkeit erforderlich ist, sich | ||||||
19 | ein moralisch Gesetz zu denken, mithin zwar ein Erkenntniß Gottes, aber | ||||||
20 | nur in praktischer Beziehung, wodurch, wenn wir den Versuch machen, | ||||||
21 | es zu einem theoretischen zu erweitern, wir einen Verstand desselben bekommen, | ||||||
22 | der nicht denkt, sondern anschaut, einen Willen, der auf Gegenstände | ||||||
23 | gerichtet ist, von deren Existenz seine Zufriedenheit nicht im Mindesten | ||||||
24 | abhängt (ich will nicht einmal der transscendentalen Prädicate erwähnen, | ||||||
25 | als z. B. eine Größe der Existenz, d. i. Dauer, die aber nicht in | ||||||
26 | der Zeit, als dem einzigen uns möglichen Mittel uns Dasein als Größe vorzustellen, | ||||||
27 | stattfindet), lauter Eigenschaften, von denen wir uns gar keinen | ||||||
28 | Begriff, zum Erkenntnisse des Gegenstandes tauglich, machen können, | ||||||
29 | und dadurch belehrt werden, daß sie niemals zu einer Theorie von übersinnlichen | ||||||
30 | Wesen gebraucht werden können und also auf dieser Seite ein | ||||||
31 | speculatives Erkenntniß zu gründen gar nicht vermögen, sondern ihren Gebrauch | ||||||
32 | lediglich auf die Ausübung des moralischen Gesetzes einschränken. | ||||||
33 | Dieses letztere ist so augenscheinlich und kann so klar durch die That | ||||||
34 | bewiesen werden, daß man getrost alle vermeinte natürliche Gottesgelehrte | ||||||
35 | (ein wunderlicher Name)*) auffordern kann, auch nur eine diesen | ||||||
*)Gelehrsamkeit ist eigentlich nur der Inbegriff historischer Wissenschaften. Folglich kann nur der Lehrer der geoffenbarten Theologie ein Gottesgelehrter | |||||||
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