Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 133 |
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| 01 | die letztere nichts als Paralogismen begehen konnte (nämlich der Unsterblichkeit), | ||||||
| 02 | weil es ihr am Merkmale der Beharrlichkeit fehlte, um den | ||||||
| 03 | psychologischen Begriff eines letzten Subjects, welcher der Seele im Selbstbewußtsein | ||||||
| 04 | nothwendig beigelegt wird, zur realen Vorstellung einer Substanz | ||||||
| 05 | zu ergänzen, welches die praktische Vernunft durch das Postulat einer | ||||||
| 06 | zur Angemessenheit mit dem moralischen Gesetze im höchsten Gute, als | ||||||
| 07 | dem ganzen Zwecke der praktischen Vernunft, erforderlichen Dauer ausrichtet. | ||||||
| 08 | 2. Führt sie zu dem, wovon die speculative Vernunft nichts als | ||||||
| 09 | Antinomie enthielt, deren Auflösung sie nur auf einem problematisch | ||||||
| 10 | zwar denkbaren, aber seiner objectiven Realität nach für sie nicht erweislichen | ||||||
| 11 | und bestimmbaren Begriffe gründen konnte, nämlich die kosmologische | ||||||
| 12 | Idee einer intelligibelen Welt und das Bewußtsein unseres | ||||||
| 13 | Daseins in derselben, vermittelst des Postulats der Freiheit (deren Realität | ||||||
| 14 | sie durch das moralische Gesetz darlegt und mit ihm zugleich das Gesetz | ||||||
| 15 | einer intelligibelen Welt, worauf die speculative nur hinweisen, ihren | ||||||
| 16 | Begriff aber nicht bestimmen konnte). 3. Verschafft sie dem, was speculative | ||||||
| 17 | Vernunft zwar denken, aber als bloßes transscendentales Ideal | ||||||
| 18 | unbestimmt lassen mußte, dem theologischen Begriffe des Urwesens, | ||||||
| 19 | Bedeutung (in praktischer Absicht, d. i. als einer Bedingung der Möglichkeit | ||||||
| 20 | des Objects eines durch jenes Gesetz bestimmten Willens) als dem | ||||||
| 21 | obersten Princip des höchsten Guts in einer intelligibelen Welt durch gewalthabende | ||||||
| 22 | moralische Gesetzgebung in derselben. | ||||||
| 23 | Wird nun aber unser Erkenntniß auf solche Art durch reine praktische | ||||||
| 24 | Vernunft wirklich erweitert, und ist das, was für die speculative transscendent | ||||||
| 25 | war, in der praktischen immanent? Allerdings, aber nur in | ||||||
| 26 | praktischer Absicht. Denn wir erkennen zwar dadurch weder unserer | ||||||
| 27 | Seele Natur, noch die intelligibele Welt, noch das höchste Wesen nach dem, | ||||||
| 28 | was sie an sich selbst sind, sondern haben nur die Begriffe von ihnen im | ||||||
| 29 | praktischen Begriffe des höchsten Guts vereinigt, als dem Objecte | ||||||
| 30 | unseres Willens, und völlig a priori durch reine Vernunft, aber nur vermittelst | ||||||
| 31 | des moralischen Gesetzes und auch blos in Beziehung auf dasselbe, | ||||||
| 32 | in Ansehung des Objects, das es gebietet. Wie aber auch nur die Freiheit | ||||||
| 33 | möglich sei, und wie man sich diese Art von Causalität theoretisch und | ||||||
| 34 | positiv vorzustellen habe, wird dadurch nicht eingesehen, sondern nur, daß | ||||||
| 35 | eine solche sei, durchs moralische Gesetz und zu dessen Behuf postulirt. So | ||||||
| 36 | ist es auch mit den übrigen Ideen bewandt, die nach ihrer Möglichkeit | ||||||
| 37 | kein menschlicher Verstand jemals ergründen, aber auch, daß sie nicht | ||||||
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